Russland Postzensur 1914 - 1917
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Die dritte Neuerwerbung habe ich hier: Brief aus Jekaterinodar nach Kopenhagen. Die Zensur erfolgte in der Bezirkshauptstadt Jekaterinodar selber. Abgeschlagen wurde der Zensurstempel "MILITÄRZENSOR / ZUGELASSEN / Faksimileunterschrift des Zensors. Der Stempel ist nur in violett bekannt (Speeckaert Typ 1 [Bewertung 4 = selten] / Skipton & Michalove nicht verzeichnet). Verschlossen wurde der Brief dann wieder mit dem Lacksiegel des Postamtes (Speeckaert Typ 6 [Bewertung 4 = selten]), welches leider teils etwas flach ausgeprägt ist. Lacksiegel werden bei Skipton & Michalove gar nicht erwähnt.
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Hallo 241264hsv-fan,
so eine ähnliche Zensurpostsendung aus Warschau via Odessa (Dein Beitrag vom 22.11.13, vorige Seite) hatte ich auch schon mal gezeigt (13.11.2011, Seite1). Meine Postkarte lief allerdings nach Dänemark, zudem ist sie am 5.11.1914 in Odessa abgestempelt (= 18.11. nach gregorianischem Kalender). Also nach Beginn des Krieges mit dem osmanischen Reich.
Dein Brief wurde am 26.9.1914 in Odessa abgestempelt; also am 9.10. (greg. Kal.) und damit vor dem Kriegseintritt des osmanischen Reiches. Allerdings waren die Dardanellen bereits am 27.9.1914 für die internationale Schifffahrt gesperrt worden, doch ob sich das schon bis Warschau herumgesprochen hatte?
Natürlich wäre ein Transit über Land, also über Rumänien, Bulgarien nach Thessaloniki in Griechenland möglich gewesen und von dort weiter nach Frankreich. Ich vermute aber, dass der Brief ohne weitere Zensur über St. Petersburg und dann auf der Skandinavienroute nach Frankreich lief.
Viele Grüße
DKKW -
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Hallo zusammen,
wenn man auf den Heizungsableser wartet, kann man die Zeit auch für einen kurzen Beitrag im Philaforum nutzen.
Der letzte Beitrag von 241262hsv-fan passt gut zu meinem Neuzugang. Hierbei handelt es sich um Incoming Mail, nämlich einen eingeschriebenen Brief der 2. Gewichtsstufe aus der Schweiz nach Petrograd aus dem Jahr 1916.
Der Absender war ein gewisser A. Abramovic aus Lausanne, aufgegeben wurde der Brief aber in Le Chatelard im Wallis. Das Porto für einen Auslandsbrief war damals 25 Rappen, für jede weitere Gewichtstufe kamen 15 Rappen hinzu. Die Einschreibegebühr betrug seinerzeit 10 Rappen. Insgesamt also die verklebten 50 Rappen.
Der Brief wurde von der Petrograder Postzensur geöffnet und mit einem Papierverschlussstreifen wieder verschlossen. Die beiden auf dem brief abgeschlagenen Zensurstempel sind häufig.
Es handelt sich hierbei um den Ra3-Stempel mit der Zensorennummer 137 (Speeckaert Nr. 27) sowie den (i.d.R. auf dem Verschlussstreifen abgeschlagenen) Ra2-Stempel (Speeckaert Nr. 55) mit dem mittleren Wort "WOJENNOI" in der oberen Zeile.
Da auch der Empfänger ein(e) Abramowitsch ist, gehe ich von Familienkorrespondenz aus.
Es ist im übrigen die erste Incoming Mail aus der Schweiz nach Russland, die ich ergattern konnte.Viele Grüße
DKKW -
Hier liegt mir ein Zensurbrief aus Troizk an das Rote Kreuz in Genf vor. Der dreizeilige Rahmenstempel "GEPRÜFT MILITÄR ZENSUR - TROIZK - Militärzensor 87" ist ähnlich der Speeckaert Typ 7. Dort ist allerdings nur die Nr. 286 verzeichnet. Außerdem ist die untere Reihe hier weiter nach rechts eingerückt und fängt nicht direkt links am Rahmen an. Des weiteren fehlt hier No. und die Nummer ist weiter rechts. Unter dem Rahmenstempel ist ein zweiter Zensurstempel abgeschlagen - die Initialen ? A b. Leider ist der erste Buchstabe sehr undeutlich. Sowohl im Speeckaert als auch im Skipton & Michalove ist zwar ein ähnlicher Stempel abgebildet, jedoch mit anderen Buchstaben.
Vielleicht kann da noch jemand aufklären? -
Hallo 241264hsv-fan,
ich denke, der erste Buchstabe ist ein O, das beim Abschlag durch den Höhenunterschied zwischen Marke und Kuvert diagonal geteilt wurde. Die drei Buchstaben könnten die Initialen (Vorname, Vatersname, Familienname) eines Zensors sein. Es könnte auch irgendeine damals (evtl. regional) gebräuchliche Abkürzung sein, habe aber bei einer kurzen Internetrecherche nichts gefunden. Aber natürlich findet man nicht alles im Internet, was vor 100 Jahren im Sprachgebrauch war und heute nicht mehr gebräuchlich ist.
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@ northstar: danke dir.
Hier habe ich noch einen R-Brief an das Rote Kreuz in Genf. Der Brief wurde in Tiflis aufgegeben und zensiert und erhielt dort den Zensurstempel "GEÖFFNET / MILITÄR / ZENSUR" sowie im Oval die Initialen L. TSCH. (Speeckaert Typ 1 [Bewertung 5 = sehr selten] / Skipton & Michalove Figur 1). Der Stempel wurde von November 1914 - Januar 1915 verwendet und ist nur in violett bekannt. -
Hallo zusammen,
ich möchte heute eine Ansichtskarte aus Shanghai zeigen, die im Jahr 1915 via Sibirien nach Dänemark lief und mir lange Zeit Bauchschmerzen bereitete.
Die Karte zeigt wohl einen alten chinesischen Händler oder Handwerker vor seinem Haus.
Sie wurde am 14.6.15 in Shanghai geschrieben und dem russischen Postamt übergeben und am 16.6.15 abgestempelt (offenbar bediente sich das russische Postamt in Shanghai des gregorianischen Kalenders).
Über den roten Zensurstempel habe ich lange gebrütet, das der erste Buchstabe ein verstümmeltes kyrillisches D sein musste, war mir klar. Also die häufig vorkommende Abkürzung "Passed by Censor." Aber wo wurde der Stempel verwendet? Inzwischen bin ich mir relativ sicher, dass es sich um den Stempel Type 1 nach Speeckaert bzw. Type 4 nach Michalove/Skipton von Wladiwostok handeln muss. Ein Laufweg mit dem Postdampfer von Shanghai nach Wladiwostok macht Sinn. Laut Speeckaert wurde dieser Stempel auch in rot abgeschlagen und bis zum Juni 1915 verwendet. Der Aufstrich des russischen D war dünn, kann also abgenützt gewesen sein und der dünne Innenrahmen war wohl inzwischen mit dem stärkeren Außenrahmen zusammengeflossen. Kein Wunder, dass der Stempel kurze Zeit später aus dem Verkehr gezogen wurde. Der Stempel wird von Speeckaert als selten eingestuft.Viele Grüße
DKKW -
Zitat
.. und mir lange Zeit Bauchschmerzen bereitete.
Die super schöne Karte hätte mir eher Freude bereitet als Bauchschmerzen.Es ist allerdings Speeckaert Typ 2. Typ 1 ist ein Stempel des Stabes.
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Hallo 241264hsv-fan,
Bauchschmerzen bereitete mir diese Karte auch nur so lange, bis ich auf den Trichter mit Wladiwostok kam (ich habe den Speeckaert von vorn bis hinten auf der Suche nach diesem Stempel durchgesehen - und Wladiwostok ist sehr weit hinten ) Ich war einfach zu sehr auf einen Eisenbahntransit fixiert um auf die eigentlich naheliegende Idee mit der Postdampferverbindung nach Wladiwostok zu kommen. Seitdem ich auf die Lösung kam herrscht eitel Sonnenschein.
Haben wir unterschiedliche Ausgaben des Speeckaert? Bei mir ist der Stempel die Type 1.
Im kommenden Jahr kann ich eine Postverbindung (in beide Richtungen) zeigen, die ich jahrelang gesucht habe. Mehr wird noch nicht verraten, mal sehen wie lange die Sendung aus dem United Kingdom braucht.
Viele Grüße
DKKW -
Zitat
Haben wir unterschiedliche Ausgaben des Speeckaert? Bei mir ist der Stempel die Type 1.
Diese Frage hatte ich mir auch gestellt. Bereits vor längerer Zeit war mir eine unterschiedliche Nennung aufgefallen. Kann es sein, das du die 1. Auflage hast? Mein Band ist die 2. Auflage (unten der Ausschnitt).
Sollte es da Änderungen der Typnummern geben (ähnlich der Änderungen bei den Michelnummern bei Russland), wäre das schon einigermaßen verwirrend. -
Hallo zusammen,
heute präsentiere ich einen Zensurbrief wiederum aus Petrograd. Auch diesmal ist der Zensurstempel Speeckaert Typ 7 abgeschlagen. Prüferstempel ist dieses Mal von Zensor Nr. 28. Zum Verschließen wurde Siegellack verwendet, in das das Siegel Speeckaert Typ 42 geprägt wurde, welches hier sehr schön und praktisch vollständig erhalten ist. Der Brief lief dann nach Kopenhagen, wo er nach 14 Tagen ankam.
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Hallo zusammen,
heute habe ich mit der Post zwei heiss ersehnte Briefe bekommen. Nach der Destination Persien habe ich seit Jahren vergeblich gesucht.
Ich zeige heute den ersten Brief. Er wurde in Baku zur Post gegeben, abgestempelt wurde er am 17.10.17. Im Gegensatz zum vorderseitigen Datumstempel, der ausgesprochen undeutlich abgeschlagen ist, ist der Zensurstempel Nr. 39 der Postzensur Baku (nach Speeckaert 1. Auflage die Type 5) glasklar. Rückseitig die 20 Kop. Frankatur und der Ankunftstempel von Teheran mit europäischer Datumschreibweise 7.11.17
Viele Grüße
DKKW -
Hallo zusammen,
hier jetzt der Brief in der Gegenrichtung. Aus Teheran nach Russland, diesmal allerdings Moskau als Zielort. Das Abgangsdatum deute ich als den 23.8.17, in Moskau am 27.8.17 (jul. Kalender) eingegangen.
Auch hier wieder der Zensurstempel Nr. 39 (Speeckaert 1. Aufl., Type 5) der Postzensurstelle Baku vorderseitig abgeschlagen. Zu persischen Portostufen habe ich noch keine Informationen eingeholt. ich vermute mal, das 12 ch das richtige Auslandsbriefporto darstellten.Jahrelang sucht man diese Postroute vergebens und dann gehen einem gleich zwei Briefe in beiden Richtungen ins Netz
Viele Grüße
DKKW -
Glückwunsch. Vor wenigen Tagen gab´s auf ebay gleich einen Brief nach Persien. Auch der wurde in Baku zensiert. Bekommen habe ich den leider nicht.
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Hallo 241264hsv-fan,
der Brief war vom gleichen Anbieter. Ich hatte die beiden gezeigten aus seinem "Christmas sale" gekauft und den dritten Brief hat er dann ohne Rabatt hinterhergeschoben. Aber ich hatte mir ja schon meinen Teil (erheblich günstiger) gesichert.
Viele Grüße
DKKW -
Hallo zusammen,
noch eine lang gesuchte Destination ist Bulgarien.
Vor dem Kriegseintritt Bulgarien im Oktober 1915 auf Seiten der Mittelmächte war natürlich ein Postaustausch zwischen Russland und Bulgarien möglich
Ich zeige einen Geschäftsbrief der Banque Russo-Asiatique aus Odessa nach Sofia. Der Brief trägt vorder- und rückseitig den roten Zensurrahmenstpl. Nr. 237 (Type 4A, Speeckaert 1. Auflage, sehr häufig).
Rückseitig sehen wir neben der 10 Kop. Frankatur den bulgarischen Transitstempel von Roustchuk (heute Russe), dem wichtigsten Donauhafen Bulgariens. Außerdem ist der Ankunftstempel von Sofia abgeschlagen. Ich vermute, dass der Transit durch Rumänien im geschlossenen Postsack erfolgte, ansonsten hätte ich auch noch einen rumänischen Transitstempel erwartet. Ob der Rumänientransit per Schiff auf der Donau oder per Bahn erfolgte, weiss ich leider (noch) nicht.Viele Grüße
DKKW -
Hallo zusammen,
der Beleg, den ich heute zeige war kein Schnäppchen. Zudem ist er dreiseitig geöffnet. Diese Unsitte stammt aus der Zeit, als es noch nicht möglich war, Rückseiten einzuscannen und auszudrucken bzw. gute Farbfotokopien kostengünstig am heimischen Drucker/Kopierer herzustellen.
Der leicht überfrankierte eingeschriebene Satzbrief (21 Kop. statt 20 Kop.) nach Calcutta in Indien wurde in Riga am 11.3.1915 (= 24.3.15 greg. Kal.) zur Post gegeben und trägt rückseitig den Ra3-Stempel der Postzensurstelle Moskau (Type 6 nach Speeckaert, 1. Auflage, selten). Die Tatsache, dass ein Brief aus Riga von der Postzensurstelle Moskau anstatt der Postzensurstelle Petrograd bearbeitet wurde, ist schon ein Hinweis auf eine eher seltene Postroute.
Der rückseitige Transitstempel Hongkong vom 19.4.15 verschafft Klarheit. Dieser Brief lief über die Transsibirien-Route. Ich denke, dass auch der vorderseitig abgeschlagene britische Zensurstempel in Hongkong angebracht wurde.
Am 8.5.15 folgt ein mir unerklärlicher Stempel "Tutioory(?)" sowie die Stempel Madras vom 11.5. und schließlich der Ankunftstempel Calcutta vom 14.5.15. Also 51 Tage Laufzeit!!.
Viele Grüße
DKKW -
Hallo zusammen,
ich habe neben northstar und 241264hsv-fan auch noch zwei ausgewiesene Experten der Rumänien- und Bulgarienphilatelie zu den möglichen Postrouten im 1. Weltkrieg befragt. Beide erklärten leider, dass sie mit der Postgeschichte des 1. Weltkrieges nur wenig vertraut sind (was beiden aber hoch anzurechnen ist). Northstar hat über ein russsiches Forum die Information erhalten, dass in den ersten Kriegsmonaten (bis zum Kriegseintritt Bulgariens) die Post per Eisenbahn
via Ungheni/Iassy und Giurgiu/Russe(Roustchuk) gelaufen ist.Viele Grüße
DKKW -