Russland Postzensur 1914 - 1917
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Hallo 241264hsv-fan,
ich denke nicht ,dass der Stempel nach Taschkent gehört. Ich vermute vielmehr, dass es sich um die Stempeltype 1 nach Speeckaert (mit Nr. 15, 17 und 18 bekannt) aus Odessa handelt. Auch Skipton/Michalowe führt die Stempeltype unter der Nr. 1.
Als Stempelfarbe werden violett und rot genannt, der Stempel ist als recht häufig eingestuft.
Vor dem Hintergrund der voraussichtlichen Postroute macht das auch Sinn. Denn von Odessa aus liefen die Dampferlinien Richtung Konstantinopel und weiter ins Mittelmeer.
Das Osmanische Reich sperrte die Dardanellen erst am 27.9.1914 und am 29. Oktober begannen die Kampfhandlungen durch den Beschuss russischer Küstenstädte durch die ehemals deutschen Kriegsschiffe Goeben und Breslau, die der türkischen Marine übergeben worden waren (inkl. der Besatzungen). Die Kriegserklärungen folgten Anfang November.Um diese Karte beneide ich Dich, die Dardanellenroute aus den ersten Kriegsmonaten konnte ich bislang nicht sicher belegen.
Viele Grüße
DKKW -
Einen, wie ich finde, sehr schönen Zensurbrief zeige ich hier. Aufgegeben in Samara ("SAMARA MITTE" - R-Zettel russisch in lateinischen Buchstaben + roter R-Stempel) am 18.6.15 nach Bern. Zunächst in Samara zensiert und mit grünen Zensurstempel "Geöffnet durch Militärzensur - SAMARA - Militärzensor - ... W. N. Elkin" (Skipton & Michalove Figur 2) sowie violetten "Genehmigt von der Militärzensur - Militärzensor in Samara - Rittmeister Solowjewits" (Skipton & Michalove Figur 3) versehen. Die Figur 3 hatte ich zuvor schon in grün gezeigt. Der Brief wurde dann weitergeleitet und in Petrograd noch einmal zensiert "PETROGRADER MILITÄRZENSUR" (Skipton & Michalove Figur 4).
Nade. Soe. ist der Titel des Zensors?
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Hallo 241264hsv-fan,
ein sehr schöner und interessanter Beleg!
Die Abkürzung vor dem Namen des Zensors ist sein Titel: Nadv[ornyj] Sov[etnik] = Hofrat.
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Ahhhh - danke. Bei Abkürzungen wird es für mich immer besonders schwer.
Ich hab da noch eine Frage: Kam es öfter vor, das zwei Personen an einem Ort sich mit einer Sache befassten? -
Ich kann mich nicht erinnern, in der Literatur diesbezüglich etwas bewusst gelesen zu haben. Und die Belege; die ich in meinem Bestand und als Scan gesehen habe, habe ich bislang nicht statistisch ausgewertet.
In den örtlichen Militärzensurkommissionen waren ja Vertreter verschiedener Behörden vertreten: Armee, örtliche Verwaltung, Post. Zudem waren die allgemeinen Bestimmungen nicht so detailliert, so dass die örtlichen Zensurkommissionen Einzelheiten der Ausführung selbstständig regelten. Zudem wurden zuweilen auch die Kontrolleure kontrolliert, ob sie ihre Arbeit ordnungsgemäß verrichteten. Insofern sollte es durchaus vorkommen können, dass zwei Personen ein und dieselbe Sendung kontrollierten und dies auch durch Stempel dokumentierten. Der von Dir gezeigte Beleg wurde ja sowohl von einem Militär (Rittmeister), als auch von einem Verwaltungsmitarbeiter (Hofrat) behandelt. Die Frage, wer hier wen kontrollierte, oder ob die Doppelkontrolle in Samara zu bestimmten Zeiten das übliche Verfahren war, müsste man an Hand der Sekundärliteratur (sofern es detaillierte Hinweise auf die Ausführung der Zensur in Samara gibt) und der Archive (sofern erhalten) klären.
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Hallo zusammen,
interessante Fragestellung. Ich meine, irgendwo darüber etwas gelesen zu haben. Müsste fast im umfangreichen Texttteil von Skipton/Michalove gewesen sein. Werde bei nächster Gelegenheit meine Unterlagen durchgehen. Zur Zeit bin ich beruflich stark eingespannt. Vielleicht am kommenden Donnerstag.
Übrigens, ein toller Beleg, nicht nur durch die Doppelzensur in Samara, zusätzlich noch die auch nicht häufige Doppelzensur Abgangsort + Petrograd.
Viele Grüße
DKKW -
Hallo zusammen,
ich bin nicht fündig geworden. Skipton und Michalowe schreiben zwar über Kompetenzwirrwarr und Streit um Zuständigkeiten zwischen den verschiedenen Stellen, aber hier handelt es sich offensichtlich beide Male um die Militärzensur in Samara.
Eventuell handelt es sich um eine "Zweite Meinung" Zensor 1 war sich nicht sicher, ob der Inhalt "harmlos" war oder nicht und gab den Brief an seinen Kollegen oder Vorgesetzten weiter. Wie gesagt, nur so eine Überlegung.Viele Grüße
DKKW -
Danke für deine Mühe. Beide Erklärungen klingen plausibel. Ich habe dieses bisher noch nicht gesehen. Ich werde im Samovar mal nachfragen.
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Hallo zusammen,
es wird Zeit, dass ich mal wieder einen Beleg zeige. Ich sammel eigentlich keine Kriegsgefangenenpost, aber durch den Kauf von Sammlungen und Lots sammelt sich im Lauf der Zeit dann doch einiges an.
Hier ein eingeschriebener Brief aus Kiev an das Dänische Rote Kreuz in Kopenhagen vom 13.3.17 (jul. Kalender). Portogerecht frankiert mit 20 Kopeken.In Kiev zensiert, der Ra4-Stempel ist Speeckaert Type 8 (recht häufig), Skipton/Michelove Type 10. Text:
Kiev Militär Distrikt
Geöffnet Militär Zensur
3. Zeile evtl. Datum
Militärzensor Nr. 30 (lt. Speeckaert sind die Nummern 4, 15, 24, 27, 28, 30, 179 und 180 bekannt)Interessant finde ich auch den R-Zettel "Kieff Bureau postal no.5"
Rückseitig Ankunftstempel: Kjøbenhavn K 3.Omb 7.4.17 (greg. Kalender)
Viele Grüße
DKKW -
Hallo zusammen,
hier ein mit 10 Kop. korrekt frankierter Auslandsbrief aus Petrograd nach Christiania in Norwegen.
Der Brief wurde am 23.5.15 vom Postamt Petrograd 11 abgefertigt.Rückseitig erkennt man, dass es sich um ein Kuvert des Grand Hotel d'Europe in Petrograd handelt, noch heute eins der besten Hotels in Russland.
Die Zensurstempel sind Type 2 und Type 10 (Zensor Nr. 19) nach Speeckaert bzw. Type 2 und Type 11 nach Skipton und Michalove. Beide Stempel sind recht häufig.
Es ist der erste Zensurbrief nach Norwegen in meiner Sammlung, bislang hatte ich nur zwei Postkarten, die nach Norwegen gerichtet waren.
Bei der Marke handelt es sich um die 10 Kop. Kriegshilfe auf weißem Kreidepapier, Zähnung 12 1/2, Ausgabe März 1915.
Viele Grüße
DKKW -
Hier habe ich mal wieder einen Zensurbrief sehr günstig bekommen. Dieser R-Brief lief von Petrograd nach Neuilly sur Seine. Freigemacht wurde der Brief mit 30 Kopeken, in Petrograd geöffnet und mit Lacksiegel (Type 46 nach Speeckaert) wieder geschlossen und zusätzlich mit dem Zensurstempel Nr. 17 (Skipton und Michalowe Figur 11) versehen.
Interessanterweise wurden die Marken mit einem Stempel der neuen Bezeichnung "PETROGRAD" entwertet, auf dem R-Zettel befindet sich aber noch die alte Bezeichnung "St.-Petersbourg" (in französisch). -
Hallo zusammen,
241264hsv-fan: Neue Stempel wurden sicherlich zügig nach der Umbennung von St. Petersburg in Petrograd angeschafft. Bei Formularen (ich zähle die R-Zettel einfach mal dazu) siegte in der Regel die Sparsamkeit. Hier hat man also erst die alten Vorräte verbraucht. Wäre durchaus interessant, ab wann die ersten R-Zettel "Petrograd" auftauchten.
Ich bin, was R-Briefe aus St. Petersburg/Petrograd aus dem Jahr 1914 angeht, etwas dünn besetzt. Hier ein früher R-Brief nach Finnland vom 4.10.14. Sowohl Stempel als auch R-Zettel zeigen St. Petersburg. Geprüft wurde der Brief erst in Finnland, der Zensurverschlussstreifen ist dreispraching russisch/finnisch/schwedisch.Viele Grüße
DKKW -
Ich habe einmal Im Artikel von M. Dobin u. L. Ratner: Zakaznaja korrespondencija Sankt-Petersburga- Petrograda – Leningrada, Sovetskij Kollekcioner 27, 1990, nachgelesen. Dort heißt es, daß die Einschreibzettel mit der alten Bezeichnung nur langsam ersetzt wurden. Erst am 12. Mai 1915 wies der Petersburger Postdirektor an, die alten Klebezettel unverzüglich an die Abrechnungs-Expedition zur Vernichtung zu senden und nur noch Klebezettel mit der neuen Bezeichnung zu verwenden.
Leider schreiben Dobin/Ratner nicht, wann „Petrograd“-Einschreibzettel erstmals verwendet wurden und leider gibt mein Bestand in dieser Hinsicht auch keinen Aufschluss.
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Danke für die Hinweise. Dann wollen wir mal die Augen auf halten.
Ich habe hier noch einen weiteren Brief. Diesmal ein Einschreiben aus SEITOVSKIJ (Einschreibezettel auch hier in lateinischen Lettern) in die Schweiz. Die Zensur erfolgte in Orenburg. Zensurstempel: "Geöffnet Militär Zensur - ORENBURG - Militär Zensor Nr. 19" (Skipton und Michalowe Figur 13). Der Stempel existiert in violett, blau und grün wobei hier eher ein blaugrün vorliegt. -
Ich habe hier einen arg ramponierten R-Brief aus KOLYSCHKI - Gub. Witebsk nach Winnipeg (Kanada). In einem Stempel kann ich zwar Minsk lesen, ob der Brief nun dort zensiert wurde, weiß ich nicht. Leider ist der Zensurstempel sehr schwach und das Zensursiegel "UNTERSUCHUNG MILITÄR ZENSUR" bringt mich auch nicht weiter. Vielleicht kann jemand anderes noch mehr dazu sagen?
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Hallo 241264hsv-fan,
der Brief sieht wirklich übel aus. Könnte der von Dir genannte Zensurstempel Skipton/Michalove Minsk nr. 50 sein? Scheint mir fast so.
Siegel scheint es in Minsk jede Menge gegeben zu haben, dieses hier habe ich nicht gefunden.
Viele Grüße
DKKW -
Da dürftest du Recht haben. Ich glaube auch, das es der ist. Über Siegel steht da ja leider nichts.
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Hallo 241264hsv-fan,
auf dem Tagesstempel aus Minsk ist zu lesen: OBRATNAJA POL.[EVAJA] POTCH.[TOVAJA] KON.[TORA] W MINSKE, svw. Rückwärtiges Feldpostkontor in Minsk.
In einem russischsprachigen Forum habe ich eine Kriegsgefangenkarte gefunden, die ebenfalls einen Stempel dieses Feldpostkontors und einem Zensurstempel trägt, der dem auf dem von Dir gezeigten Beleg ähnlich sieht. ().
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Hallo,
kann bitte jemand einen kurzen Überblick über die Literatur zum Thema Postzensur Russland geben?
Wenn man in das Gebiet einsteigen möchte: Reicht es nach Eurer Erfahrung sich erst einmal Skipton/Michalove anzuschaffen (was ja auch schon ordentlich kostet) oder muss man unbedingt noch andere Literatur haben?
Viele Grüße
maeshi
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