Hallo DKKW,
das ist der Anlass, meinen bislang einzigen Zensurbeleg aus dem Postverkehr innerhalb des russischen Kernlands zu zeigen.
Aber zunächst zu Deinem Beleg: Empfänger der Weihnachtskarte war eine Familie mit dem deutschklingenden Namen Werner und der unverdächtige Mitteilungstext („Fröhliche Weihnachten“) ist in Polnisch verfasst. Vielleicht hat das die Zensoren auf den Plan gerufen?
Leider erscheint mir die Lage bei der philatelistischen Literatur zur Inlandspostzensur im I. WK als dünn, um nicht zu sagen, ich bin noch nicht auf Abhandlungen über ihre genauere Praxis gestoßen. Nach den bei M. Kosoj (Sov. Kollekcioner 24) zitierten „Einstweiligen Bestimmungen über die Militärzensur“ bestand außerhalb der Kriegsschauplätze nur eine teilweise Militärzensur, die lediglich eine selektive Überprüfung inländischer Postsendungen vorsahen.
Nun zu meinem Beleg: der Brief war an Irina Richter (1895 -- ?, Doktor der Biologie), gerichtet. Er wurde am 24.06.1916 in Zarskoje Selo (heute Puschkin) abgesandt und erhielt am 28.06.1916 in Samara einen Ankunftstempel. Hier wurde der Brief auch geöffnet und mit dem vierzeiligen Stempel „GEÖFFNET DURCH DIE MILITÄRZENSUR / SAMARA / MILITÄRZENSOR / Nr. 64“ versehen. Der Brief lief zweimal durch die Ankunftstempel-Maschine, wahrscheinlich einmal vor und einmal nach der Zensur, die demnach am selben Tag stattfand.