Hallo liebe Forumsfreunde,
auf allgemeinen Wunsch eines Einzelnen ( balf_de) starte ich diesen Thread, in dem alle Briefe aller altdeutscher Staaten ab dem Postvertrag vom 1.10.1852 bis zum 31.8.1868 gezeigt werden sollen. Die späteren Verträge ab 1.9.1868 und ab 1.7.1875 werden zusammen gefasst folgen.
Baden, Bayern und Württemberg schlossen zum 1.10.1852 einen Postvertrag mit der CH ab, der die CH praktisch zu einem Postvereinsstaat machte, denn man teilte sie in 2 Rayons, also Entfernungszonen, ein, wie man das Gebiet des Postvereins in 3 Rayons einteilte.
1. Rayon bis 10 Meilen (74 km).
2. Rayon über 10 bis 20 Meilen (148 km).
3. Rayon über 20 Meilen (über 148 km).
Alle Poststellen bekamen Listen, auf denen die Orte des gegenüberliegenden Landes entfernungsmäßig genannt wurden.
Je Rayon und Gewichtsstufe (1 Loth = 15,625g) waren 3 Kreuzer (1 Silbergroschen, 1 Neugroschen, 3 Kreuzer Conventionsmünze etc. etc.) zu zahlen, unabhängig ob der Absender frankierte, oder der Empfänger das Porto zu entrichten hatte.
Um den Unterschleif zu reduzieren, beschloss man, dass Briefe innerhalb der 5 Meilenzone nur 3 Kr. bzw. 10 Rappen kosten sollten. Diesen Betrag erhielt die Aufgabepost ungeteilt.
Drucksachen kosteten 2 Kr. je Loth, wovon jeder Staat 1 Kreuzer vergütet bekam. Dies galt nur im Frankofall. Unfrankierte Drucksachen gab es nicht, nur unfrankierte Briefe, wobei das verklebte Franko angerechnet wurde.
Dienstbriefe, die die jeweilige Aufgabepost ohne Taxansatz (und Markenfrankatur) beließ, waren auch von der Abgabepost taxfrei zuzustellen.
Eine Besonderheit hatte dieser Vertrag nur bis zum 31.3.1854. Die Schweiz akzeptierte bis dahin kein Weiterfranko in Markenform, sondern bestand auf Barzahlung, welche siegelseitig von der Aufgabepost zu notieren und in der Briefkarte als Weiterfranko auszuweisen war.
Beginnen möchte ich mit einem Brief der sogenannten geteilten Frankoabgeltung aus München vom 27.8.1853 nach Chur. Der Absender zahlte 9 Kr. (Marke) für den 3. Rayon Bayerns zur Schweiz und siegelseitig 6 Kr. Weiterfranko für die Schweiz in den 2. Rayon dort. Der Münchener Beamte musste hierzu nur in seiner Liste der Orte des 1. Rayons schauen, wo er Chur nicht fand. Daher musste es im 2. Rayon liegen und er 6 Kr. kassieren.
Briefe mit geteilter Frankoabgeltung sind nicht häufig und daher sehr gesucht.
Ein einfacher Frankobrief aus Augsburg vom 23.10.1852, also bei ganz frischem Vertrag, zeigt uns die Problematik starr beamtlichen Denkens.
Der Brief wurde mit einer 9 Kr. Marke frankiert in die Boite, also den Briefkasten des Filialbüros in der Stadt, eingeworfen.
Augsburg lag im 2. Rayon gegenüber der CH, so dass hierfür 6 Kr. zu zahlen waren. Kreuzlingen, ein Steinwurf von der badisch - Schweizerischen Grenze entfernt, war bei der Auflistung der Orte bis 10 Meilen vergessen worden. Wo es lag, wusste man in Augsburg nicht. Also folgerte der Augsburger korrekt, dass es im 2. Rayon für 6 Kr. Schweizer Weiterfranko liegen müsste, was falsch war.
Da er glaubte, ein Weiterfranko von 6 Kr. der Schweiz vergüten zu müssen, notierte er diese hinten, indem er sie vom Wert der Marke abzog, so dass Bayern nur noch 3 Kr. verblieben. Das war zwar zuwenig, ihm aber egal, Hauptsache er wurde diesen verflixten Problembrief aus dem Briefkasten endlich los. Die Schweiz freute sich über extra 3 Kreuzer, derer es bei besserer geographischer Kenntnisse nicht bedurft hätte.
Liebe Grüsse von bayern klassisch