Lieber Altsax,
die beiden Briefe sind ja schon mehrfach beschrieben worden, wobei der fachliche Wissenstand der Autoren von gehobener Qualität war.
Folgendes nur von mir dazu:
Dass an einem Tag mehrere Briefe von dem selben Absender an den selben Empfänger abgehen konnten, habe ich mehrfach gesehen (und hierbei fließen diese beiden Briefe in die Betrachtungsweise noch gar nicht ein). Gründe hierfür gibt und gab es zuhauf.
Was mich stutzig macht, ist die Tatsache, dass immer wieder behauptet wird, "kleinere Ämter wären an Feiertagen geschlossen gewesen".
Es gab in Bayern kein kleines Amt, dieser Terminus ist ein Widerspruch in sich. Alles, was in Bayern im Verwaltungsrang eines Postamtes war, war groß und bedeutend.
Wenn gemeint sein sollte, dass kleinere Expeditionen an Feiertagen geschlossen hatten, so muss derjenige, der diese These aufstellt, sie erst einmal beweisen. Mir gelänge das nicht.
Ich habe das Glück gehabt, mehrere Dienstverträge bayerischer Postexpeditoren in Händen zu halten (von den 1830-er bis 1870-er Jahren) - eine Feiertagsregelung hätte ich sicher nicht überlesen.
Wer die Ersttagsstempel und Ersttagsbriefe Bayerns betrachtet, findet auch dort welche von Postexpeditionen, die an die Größe Deggendorfs heranreichen. Dieses Argument kann man also getrost vergessen.
Wenn die Eisenbahn X oder die Postkutsche Y am Freitag, den 1.11.1849 planmässig einlief, dann war dort das für deren Abfertigung notwendige Personal vorrätig zu halten. Punkt.
Dass an Feiertagen, wie auch an Sonntagen, die Öffnungszeiten verkürzt waren, ist eine unbestreitbare Tatsache.
Dass aber ein Brief von Deggendorf nach Mallersdorf vom 31.10. bis zum 2.11. unterwegs war, halte ich für ein Gerücht. Je nach Postabgang dürfte jeder Brief am selben Tag oder am Folgetag zugestellt worden sein. Für 50 km brauchte keine Postverwaltung mehr als einen Tag. Nicht mal die bayerische.
Vermutlich hat die Absenderin den 1. Brief am 31.10. zur Post gegeben, sich aber schon zuvor Briefmarken besorgt. Das sollte kein Problem gewesen sein, denn zum Stichtag mussten ja allen Poststellen die Gattungen vorliegen, so dass die Materialverwaltung die Versendung in den letzten Tagen des Oktobers vorgenommen haben dürfte.
Die Ausgabe von Marken vor dem 1.11.1849 war auch nicht untersagt. Lediglich sollte mit ihnen erst ab dem 1.11.1849 die Korrespondenz im inneren Verkehr bewerkstelligt werden.
Der Stempel Deggendorf 31.10. ist daher m. E. vergessen worden, am 1.11.1849 umgestellt zu werden. Nachdem der Brief vom 31.10. eingeworfen worden war, schrieb die Absenderin einen zweiten (mit brandaktuellen Neuigkeiten) und "schob" diesen nach.
Dass sie beide am 2.11. ankamen, spricht für sich.
PC - Spezialisten (nicht ich!) könnten mal versuchen, die beiden Marken von den Briefen visuell zu ziehen und neben- oder untereinander zu fügen. Vielleicht kann man an den Schnitten erkennen, ob sie einmal verbunden waren.
Liebe Grüsse von bayern klassisch, der heute Ausbilder ist und nur wenig Zeit hat ...