Eine Frage der Zeit - Ein philatelistischer Buchtipp
In diesem Beitrag geht es nicht um philatelistische Literatur, sondern um einen Roman. Da er aber in einer sehr bewegten Zeit spielt, die wohl nicht wenige zu ihrem Sammelgebiet zählen, passt es als "Hintergrundlektüre" meiner Meinung nach sehr gut.
Die Geschichte beginnt 1913 im norddeutschen Papenburg mit der Fertigstellung des Dampfschiffes Goetzen. Im ersten Moment etwas merkwürdig, beschäftigt sich doch fast das ganze Buch mit dem Bau des Schiffes. Die Erklärung ist so einfach wie kurios: Es handelte sich um einen "Probeaufbau". Nach Taufe und Abnahme durch die Ostafrikanische Eisenbahngesellschaft wurde das Schiff wieder zerlegt, in Kisten gepackt und mit Schiff und Bahn an den Tanganjikasee transportiert. Hier wurde die Goetzen nun wieder zusammengebaut und und sollte Waren zwischen Deutsch-Ostafrika und Belgisch-Kongo transportieren. Wäre nicht der 1. Weltkrieg dazwischen gekommen...
Ab jetzt wird die Fertigstellung des Schiffes kriegswichtig, soll es doch die deutsche Überlegenheit auf dem See sicherstellen. Hier beginnt nun parallel ein Handlungstrang, der den Kriegsbeginn auf britischer Seite beleuchtet und die ebenso kuriose Geschichte zweier Schnellboote, die auf dem Landweg an den Tanganjikasee kamen um das Kriegsglück für die Briten zu entscheiden, erzählt.
Der Autor, Alex Capus, beschreibt sehr detailverliebt, ohne den Leser zu überfordern oder zu langweilen, von den Unwegsamkeiten der Transporte und den Strapazen des Schiffsbaus. Das damalige Menschenbild und die kolonialen Strukturen durchdringen die gesamte Geschichte. Mühelos wird man schnell in den Bann dieses absurden Nebenschauplatzes des Krieges gezogen und kann nicht umhin Einfallsreichtum und Improvisationstalent der Akteure zu bewundern.
Das Schiff gibt es heute übrigens immernoch. Die Goetzen heißt heute Liemba.
Hier findet man noch eine Postkarte mit der Goetzen:
https://www.akpool.de/ansichtskarten…oomboot-goetzen
Schade, dass auf allen deutschen Kolonialausgaben die Hohenzollern abgebildet ist. Sonst hätte in Deutsch-Ostafrika sicher die Goetzen eine Chance gehabt.
Vielleicht tut mir ja jemand noch den Gefallen einen Briefmarkensatz oder eine Postkarte Deutsch-Ostafrikas und/oder Belgisch-Kongos anzuhängen, um das Bild abzurunden