Kann der Portogerecht sein ? 75 Pf Hirsch als EF ?
Württemberg Hirsch auf Brief
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Hallo,
nur mal eine Frage der Logik:
Vordruckbrief eingeschrieben vom Oberamt Waldsee mit eingedrucktem Dienstsiegel dieser Behörde nach Waldsee, aber aufgegeben in Aulendorf, etwa 8 km westlich von Bad Waldsee.
Warum sollte es so etwas (echt) geben?
Da spielt die mögliche Portorichtigkeit wohl keine grosse Rolle mehr ...
Liebe Grüsse von bayern klassisch
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Hallo BK, habe andererseits nirgendwo ( Infla, Datenbanken etc.) einen Hinweis auf falsch oder vordatierten Stempel Aulendorf gefunden. sollte ich sonst etwas nicht bemerkt haben, bitte ich um Hinweis.
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Hallo c-s-a,
habe ich auch nicht (hätte auch keine passende Literatur dazu), aber allein die Aufmachung schreckt mich schon ab, weil es dergleichen damals nicht gegeben hat.
Ob es portogerecht ist oder nicht, ist dann eher nicht die Frage, wenn das "Gesamtkunstwerk" so anrüchig ist wie hier.
Fälscher stellen einem ja jede Portostufe zusammen, die der Markt begehrt.
Liebe Grüsse von bayern klassisch
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Zitat
Original von c-s-a
Kann der Portogerecht sein ? 75 Pf Hirsch als EF ?@ c-s-a
Als Profi und Besitzer des Michel-Spezial ist Deine Frage natürlich nur rein rhetorisch. Die Frankatur kann nur als eingeschriebene Drucksache mit Rückschein portogerecht sein. Und das sehe ich hier nun wirklich nicht.
Außerdem bist Du ja im Besitz eines größeren Postens vom Oberamt Waldsee und anhand der Belege kannst Du Dir leicht ausrechnen, dass da ein Beamter mit philatelistischen Ambitionen saß. Er versorgte seine Umgebung mit schön frankierten Briefen, die er sich sicherlich in dienstlichen Angelegenheiten zuschicken ließ. Manche von ihnen sind überfrankiert, was der sprichwörtlich schwäbischen Sparsamkeit so gar nicht entsprechen will. Aber wenn man schöne Frankaturen haben will, dann darf man eben nicht kleinlich sein.
Der Beleg ist echt und zeitgerecht gestempelt, aber er wird bei einer Prüfung nur als Briefstück signiert, weil nicht portogerecht gelaufen. Bis heute sind keine portogerechten Einzelfrankaturen der 75 Pfennig bekannt.
Grüßle
lickle
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Hier ist noch ein Beleg aus dem März 1920 mit echtem Stempel - Geprüft INFLA.
Der Stempel auf der 75 Pfennig Hirsche ist meiner Meinung nach echt und zeitgerecht abgeschlagen.
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Zitat
Original von bayern klassisch
Hallo,nur mal eine Frage der Logik:
Vordruckbrief eingeschrieben vom Oberamt Waldsee mit eingedrucktem Dienstsiegel dieser Behörde nach Waldsee, aber aufgegeben in Aulendorf, etwa 8 km westlich von Bad Waldsee.
Warum sollte es so etwas (echt) geben?
Da spielt die mögliche Portorichtigkeit wohl keine grosse Rolle mehr ...
Liebe Grüsse von bayern klassisch
@bayern klassisch
Ich habe mal in meinen noch vorhandenen Beständen etwas gekramt und ein paar Belege gefunden, denn solche Briefe gibt es häufiger. Es handelt sich um vorfrankierte Antwortumschläge, die in dienstlichen Angelegenheiten verschickt wurden und die absendende Behörde das Porto tragen wollte. Sie haben oft (aber nicht immer!) einen senkrechten Mittelbug.
Der erste Brief ist mit einer ganz normalen Dienstmarke versehen und sieht vollkommen unverdächtig aus. Aber erfüllt alle Kriterien des oben gezeigten Briefes mit 75 Pfennig Hirsche. Absender und Adressat scheinen gleich zu sein. Doch auf der Rückseite gibt es noch einen Absenderstempel des Verwaltungs-Actuars Enßlin aus Bopfingen. Das war eigentlich nicht mehr notwendig, weil ja schon ein Dienstsiegel auf der Vorderseite eingedruckt war.Der zweite Brief ist nun mit einer Sonderausgabe (sog. Krönchen) frankiert und zeigt wieder gleichen Absender und Empfänger. Diesmal hat der Brief einen Mittelbug, der deutlich zeigt, dass es sich um einen vorbereiteten Antwortumschlag handelt. Dieser Brief ist BPP-geprüft!
Natürlich wurde von Sammlern und Beamten viele Belege, gerade mit den Sonderausgaben "gebaut". Solange aber der Stempel zeitgerecht abgeschlagen und der Beleg portogerecht frankiert und befördert worden ist, werden diese Belege als vollwertig anerkannt und entsprechend geprüft.
Es gibt selbstverständlich Belege, die die oben genannten Kriterien erfüllen, die aber trotzdem ein Geschmäckle haben. Da möchte ich dann nicht in der Haut des Pürfers stecken, der diese Belege dann beurteilen soll.Grüßle
lickle
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Hallo lickle,
deine beiden Briefe sind auch sicher in jeder Beziehung echt und bedarfsgerecht versandt worden, daran habe ich keinen Zweifel.
Ich habe mal ein größeres bayerischen Archiv einsehen dürfen, in dem eine 5stellige Zahl von Poststücken aus der Zeit vom 1. WK bis Ende 1921 lagen.
Es war ungeplündert und enthielt teils atemberaubendes, teils höchst banales.
Von den vlt. 30.000 Briefen (der Rest waren PZU, Postkarten, Drucksachen usw. usw.) sah nicht einer aus wie der, um den es hier geht. Nicht einer.
Es mag durchaus sein, dass es in Württemberg solche Stücke als echten Bedarf gab, aber ich würde es fast ausschließen.
Dass man vorfrankierte Briefe umherschickte, ist bekannt. Dass sie nicht gefaltet waren, habe ich zuvor noch nicht gesehen, jedenfalls bei Bayern nicht und das Dienstpostaufkommen Bayerns wird wesentlich höher gewesen sein, als das von Württemberg. Aber das hat per se noch nichts zu sagen und taugt allenfalls als Indiz.
Leider ist es aber auch so, dass es 100%ige Bedarfsbriefe gibt, die extrem gemacht aussehen, ohne es zu sein. Dergleichen habe ich im Dutzend gefunden.
Ich gebe dir Recht - bei einigen Stücken wollte auch ich kein Prüber sein, da kann man noch so viel wissen und gesehen haben. Wir sind nur Menschen und irren (Prüfer häufiger als andere, denn deren Urteilskraft wird ja tagtäglich zigfach benötigt).
Liebe Grüsse und danke fürs zeigen sagt bayern klassisch
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Zitat
Original von bayern klassisch
Dass man vorfrankierte Briefe umherschickte, ist bekannt. Dass sie nicht gefaltet waren, habe ich zuvor noch nicht gesehen, jedenfalls bei Bayern nicht und das Dienstpostaufkommen Bayerns wird wesentlich höher gewesen sein, als das von Württemberg. Aber das hat per se noch nichts zu sagen und taugt allenfalls als Indiz.
In Württemberg war manches anders. Es gab noch die sogenannten Aktenumschläge, die deutlich größer waren, als die gängigen - und auch schon recht großen (181 x 115mm) - Dienstbriefumschläge.
Wie sagte unlängst ein sehr erfahrenes Inflamitglied, das nach Jahrzehnten über Bayern und DR-Inflation nun bei einer Württembergsammlung angelangt ist: "In Bayern gehen die Uhren schon anders, aber in Württemberg gehen sie ganz anders".
grüßle
lickle
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Hallo lickle,
das sind schon interessante Stücke, die du da hast. Hast wohl recht, dass in Württemberg einiges noch schräger lief, als bei Bayern.
Wieder etwas dazu gelernt. Danke dafür.
Liebe Grüsse von bayern klassisch
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Hallo alle zusammen,
@ lickle, vielen Dank für Deine Ausführungen. DAS war wirklich mal lehr-und hilfreich.
Erlaubt mir bitte noch folgende Fragen:
-wie waren die Kriterien für den Nachbarortsverkehr ?
-wo finde ich Informationen über Porti, die über den Michel-Spezial hinaus gehen?Zur Portogenauigkeit: Reute nach Waldsee vom Februar 1920 mit 20,5 Pfennig
Vielen Dank und schöne Grüße -
Zitat
Original von c-s-a
Hallo alle zusammen,@ lickle, vielen Dank für Deine Ausführungen. DAS war wirklich mal lehr-und hilfreich.
Gern geschehen!
ZitatOriginal von c-s-a
Erlaubt mir bitte noch folgende Fragen:
-wie waren die Kriterien für den Nachbarortsverkehr ?
Vor dem 1.7.1919 war alles bis 10km Entfernung Nachbarortsverkehr. Aber Achtung: Der Oberamtsverkehr hatte die gleichen Tarife!ZitatOriginal von c-s-a
-wo finde ich Informationen über Porti, die über den Michel-Spezial hinaus gehen?
Von der Arge Württemberg gibt es ein Postgebührenheft
Um den Nachbarorts- und Oberamtsverkehr genau zu bestimmen braucht man noch gutes Kartenmaterial und ein Ortsverzeichnis aus der Zeit vor 1920.ZitatOriginal von c-s-a
Zur Portogenauigkeit: Reute nach Waldsee vom Februar 1920 mit 20,5 Pfennig
Vielen Dank und schöne GrüßeIch sehe da nur einen Ortsbrief aus dem eigenen Landbestellbezirk.
Grüßle
lickle