Hallo ihr Experten,
ich bin leider keiner und brauche dennoch dringend eine Information über das Taxis'sche Postwesen um 1850. Wie wäre der normale und der schnellste Beförderungsweg eines gewöhnlichen Briefes gewesen, der an einem großen Postamt, etwa Frankfurt a M, aufgegeben wurde? Vor allem möchte ich wissen, ob es eine Briefpost gab, die nicht gleichzeitig Fahrpost war (und die dann wahrscheinlich öfter abging oder schneller beförderte?) und wenn ja, wie hier das TRanspormittel war (gab es noch Reiter?Karriolen? Größere Kutschen?). ich würde mich sehr freuen, wenn ihr mir helfen könntet. Habe ein bisschen in dem Forum herumgelesen und bin tief beeindruckt über die Kenntnisse.
frage zu fahrpost/briefpost
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Es gab;
1. Botenpost
2. Reitpost
3. FahrpostIn anderen Ländern (Rußland z.B.) gab es hinzu die Estaffettenpost.
Zu 1. Hiermit fand die ortliche Zustellung und Beförderung von Post statt.
Zu 2. u. 3. Hierfür müßten die Sendungen qualifiziert sein, d.h. den Beförderungsverordnungen entsprechen. Wobei Reitpost im allgemein schneller als die Fahrpost war.
Estaffettenpost. Hiermit konnte eine Postsendung einzelnd befördert werden, praktisch sofort nach Aufgabe dei des Poststückes fing die Beförderung an. Mit zunehmender Ausdehnung des Bahnnetzes wurde immerweniger Post auf dieser Art und Weise befördert.
Sehe diese Seite für die Entwicklung des Bahnnetzes Deutschlands.
Zu dem Taxis'schenpostwesen gibt es Literatur (hab ich aber nicht), aber eine Frage bei den Phlatelistischen Bibliotheken in Hamburg oder München sollte ergiebig sein.
mfG
Nigel
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Vielen Dank, Nigel, das hilft mir schon viel weiter!
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Hallo nomen est omen,
zeig doch mal so einen Brief oder beschreibe den Weg eines gedachten Poststücks aus der gefragten Zeit.
Beste Grüsse von bayern klassisch
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Hallo Bayern klassisch,
ich habe keinen Brief und bin nicht mal ansatzweise ein Philatelist. Ich brauch das für einen Roman, wo ein Brief von Frankfurt nach Hamburg gehen soll, wobei ich mir nach dem was ich über Hamburger Postankünfte weiß nicht mal sicher bin, ob es über Kassel ginge oder nicht eher irgendwie am Rhein entlang (in Hamburg gab es wohl Ankünfte von beiden Strecken, aber die Frankfurt/Kasseler Post schient seltener angekommen zu sein als die Frankfurt/Südwestdeutsch/Französische). Wichtig für mich wären noch die Abgangszeiten aus Frankfurt, und eben ob es tatsächlich mit Reitpost gehen würde (gesetzt den Fall, der Brief soll schnell gehen), aber gerade über die Frankfurter Post habe ich trotz der dortigen Zentrale in der Literatur wenig Details finden können. Bloß über dieverse Kleinstadtpostexpeditionen weiß ich jetzt jedes Detail, da findet sich anscheinend immer irgendein Lokalhistoriker, der in die ARchive geht und eine Geschichte der örtlichen Post zusammenschreibt. Für Frankfurt sieht's schlechter aus, oder ich hatte einfach die richtige Literatur noch nicht in Händen. Computerkataloge von Bibliotheken sind oft ziemlich unnütz, wenn man mit zu allgemeinen oder mehrdeutigen Schlagworten wie "Frankfurt" und Post" kommt, da lob ich mir die alten Sachkataloge, die es leider nicht mehr gibt.
Beste Grüße
ahnungslos -
Hallo ahnungslos,
ein Brief aus Frankfurt am Main (Thurn und Taxis Lehenspost in der freien Reichsstadt) wäre mit der Briefpost befördert worden, es sei denn, er wäre als Wertbrief deklariert worden oder über 1 Pfund schwer gewesen, was wir mal nicht annehmen wollen, denn erst dann wäre es ein Fahrpostgegenstand geworden.
Er wäre vom Frankfurter Oberpostamt aus mit dem Zug nach Butzbach gebracht und von dort mit der Postkutsche nach Gießen gefahren worden.
Dort wäre der Postsack mit den Briefen per Bahn nach Karlshafen gefahren worden, wo er wieder einer Postkutsche, diesmal nach Hildesheim im Königreich Hannover, mitgegeben worden wäre.
Ab Hildesheim hätte ihn die Bahn über Celle nach Hamburg transportiert, wo er dann etwa 3 Tage nach seiner Postauflieferung in Frankfurt beim Thurn und Taxischen Oberpostamt angekommen wäre und vom Stadtbriefträger für einen halben Schilling Hamburger Courant zu bestellen war. Der Brief selbst konnte frankiert oder unfrankiert aufgegeben werden.
Eine Beförderung über die rheinische Bahn war 1850 nicht möglich - da war der Rhein als Transportweg noch schneller.
Liebe Grüsse von bayern klassisch
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Hallo bayern klassisch,
du bist einfach klasse, ich danke dir. Wenn du Lust hast, kannst du mir per e-mail deine Adresse hinterlassen, und ich würde dir dann bei erscheinen (wird noch ein knappes Jährchen dauern) ein Gratis-Romanexemplar schicken. (Aber bitte nicht meckern, falls dann doch was Postalisches nicht ganz stimmt...)
Sonnige Grüße
ahnungslos -
Hallo ahnungslos,
danke für die Blumen.
Das ist zwar sehr nett, aber ich habe derzeit immer noch über 500 Stunden philatelistische Arbeit zu Hause liegen, und da ist die Forschung noch gar nicht dabei ...
Von daher wäre ein Roman, selbst wenn er postgeschichtliches beinhaltete, in meinem Regal eher ein Staubfänger.
Liebe Grüsse von bayern klassisch, der dir im Falle einer bayerischen Versendung sogar noch die Fahrpläne von 1850 zukommen lassen könnte ...
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Liebe/r bayern klassisch,
so, so, 500 Stunden phliatelistische Arbeit warten... na, irgendwoher muss das viele Wissen ja kommen!
Ich habe mich gerade wieder an den Staubfänger gesetzt, und da fällt mir auf, dass ich noch eine weitere kleine Frage habe, an dich und wer auch immer sonst moch reinsieht.
In dem Frankfurter Briefsack, der dann 1850 in Butzbach ausgeladen wird und in dem "mein" Brief nach Hamburg steckt, wären da a) gemischte Briefe in die Richtung oder b) nur Briefe mit Ziel Hamburg drin? Wenn a), darf ich dann davon ausgehen, dass die Briefe innerhalb des Sackes vorsortiert sind, z.B. in verschnürte Bündel, von denen eines nur die Hamburger Briefe umfasst?LG
ahnungslos -
Hallo ahnungslos,
da sich die damaligen Kartierungsverfahren bei den deutschen Postverwaltungen nur marginal unterschieden, bin ich mal so frei und antworte, auch wenn ich es nicht 100%ig wissen kann (als Bayer und somit nicht als Taxisler ;)).
Die Poststücke waren in den Briefkarten, das waren Begleitdokumente, einzeln (Einschreiben, Expreß usw., also alle qualifizierten Briefpoststücke) und summarisch (alle Franko- bzw. Portobriefe oder Drucksachen) vorzutragen.
Oben lagen die qualifizierten und die Loco - Briefe, also diejenigen Poststücke, die ad locum, also am Ort der 1. entkartierenden Postanstalt verblieben. Für Frankfurt - Butzbach lagen also die Butzbacher Briefschaften ganz oben; wäre ein Expreßbrief für Butzbach dabei gewesen, dann läge dieser zuoberst, dann die normalen Butzbacher Briefe und Drucksachen, dann diejenigen Poststücke, die weiter nach Norden gerichtet waren (ins Kgr. Hannover, nach Braunschweig, den Hansestädten, nach Skandinavien usw.).
Wie du richtig schreibst waren diese separat gebündelt, denn man hatte ja nicht Lust und Zeit, jedesmal die gleiche Sortierarbeit zu verrichten. Es gab also von Frankfurt ein Bündel für Butzbach, für Briefe nach Hannover, nach Celle (wenn welche dabei waren) und nach bzw. über Hamburg.
Diese Vielzahl von Briefschaften war einzeln mit Bindfaden zu verschnüren und mit einem Zettel oder einer Etikette zu bekleben, auf der der Zielort oder das Zielland vermerkt wurde. Diese Zettel/Etiketten waren anzusiegeln bzw. anzustempeln, damit man wußte, wer sie verpackt, also kartiert hatte.
Im Rahmen der gegenseitigen Kontrolle, die ganz wichtig war, wurden die einzeln transitierenden Briefe gewogen, das Porto für die Transitstecke ermittelt, und der weiter empfangenden Postverwaltung in Auslage belastet.
So kam am Ende in Hamburg z. B. folgendes an:
1 Paket mit 15 Porto- und 3 Frankobriefen aus der Lomardei über die Schweiz und Baden von Frankfurt aus zukartiert.
1 Paket mit 3 Porto- und 2 Frankobriefen aus Unterfranken über Frankfurt zukartiert.
1 Paket von 3 Pfund Drucksachen (Börsenkurse) aus Zürich von Schaffhausen aus dortselbst zukartiert und
1 Paket Frankfurter Briefe summarisch erfaßt mit 2 Pfund und 4 Loth an Frankobriefen und an Portobriefen summarisch erfaßt ein Gesamtporto von 38 Gulden und 24 Kreuzern.
Dieses musste entkartiert, den weiteren Postverwaltungen in Hamburg (dort gab es viele!) zugestellt, in deren eigene Währung reduziert bzw. den eigenen Stadtbriefträgern übergeben werden. Dann wurde saldiert, und wenn etwas nicht stimmte, und es stimmte oft etwas nicht, dann bekamen die Revisoren Arbeit.
Huch, jetzt habe ich aber vlt. etwas zu ausführlich geantwortet, also sieh es mir bitte nach.
Liebe Grüsse von bayern klassisch
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Lieber bayern klassisch,
zu ausführlich kanns bei mir nicht sein, je mehr HIntergrundwissen ich habe, desto besser geht's mir dabei, auch wenn ich nicht jedes Detail tatsächlich verwenden kann/muss. Sei tausendfach bedankt. (Dumm für die philatelistische Arbeit, wenn man zwischendurch immer noch den Ahnungslosen helfen muss...)
LG
ahnungslos -
Hallo ahnungslos,
als Jungsammler war ich selbst ahnungslos - da wäre ich froh gewesen, es hätte schon das Internet mit seinen hervorragenden Foren gegeben ... von daher helfe ich doch gerne.
Liebe Grüsse von bayern klassisch
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Warum sollten die Postsäcke von Frankfurt mit dem Zug nach Butzbach gefahren werden?
Näheres ist in den Mitteilungen der ArGe Thurn und Taxis Nr. 103 zu lesen: Schwerpunktthema Bahnpost.
Lediglich zwischen dem 9. November 1850 und 1. bzw. 15. Mai 1852 mußte das letzte Teilstück der Strecke zwischen Butzbach nach Gießen mit der Kutsche überbrückt werden.
Gruß Hesse -
Hallo Hesse,
davon hatte ich ja gesprochen.
Liebe Grüsse von bayern klassisch
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Hallo ihr beiden,
wie schön, dass man sich noch immer mit meiner Frage auseinandersetzt...
Also, mein fiktiver Brief geht, um ganz genau zu sein, im Juli 1851 raus. Ich hatte zwischenzeitlich selbst noch einen Blick auf die Main-Weser-Bahn-Geschichte geworfen und war zu dem Schluss gekommen, dass um diese Zeit wahrscheinlich der Bahntransport schon bis Langgöns gegangen wäre (da die Strecke ab Mai des Jahres wohl fertig war). Lieber Hesse, darf ich aus deinen Ausführungen schließen, dass es nie eine Phase gab, in der in Langgöns Post aus der Bahn und in die Kutsche geladen wurde, weil die Überbrückungsstrecke immer Butzbach-Gießen war, solange eben überbrückt werden musste?
Weißt du als offensichtlicher Thurn-und-Taxis-Experte vielleicht noch mehr Details über diesen Streckenabschnitt, z.B. wer die Person war, die die Kutsche fuhr, ob der vorher eine längere Strecke zu bedienen hatte und was mit den Kutschern der nicht mehr gebrauchten Strecken später passiert ist?
Fuhr eigentlich jemand von der Post im Zug mit (ich denke ja nicht, aber ich frag halt.) Und wer genau hat in Butzbach den Sack in Empfang genommen? Ein örtlicher Postbote, da ja die Butzbacher Briefe auch noch rausgenommen werden mussten, oder der Postkutscher, oder ein Packer?
Ach ja...es nimmt kein Ende.
Schönen Abend euch von
ahnungslos -
Zitat
Original von ahnungslos
....... Für Frankfurt sieht's schlechter aus, oder ich hatte einfach die richtige Literatur noch nicht in Händen. Computerkataloge von Bibliotheken sind oft ziemlich unnütz, wenn man mit zu allgemeinen oder mehrdeutigen Schlagworten wie "Frankfurt" und Post" kommt, da lob ich mir die alten Sachkataloge, die es leider nicht mehr gibt.Beste Grüße
ahnungslosFür die Frankfurter Postgeschichte fälltl mir ganz spontan der Faulhaber ein. Das ist zwar schon ein älteres Werk, aber vielleicht doch noch in einer Bibliothek verfügbar.
Grüßle
lickle
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Danke, lickle! Den Faulhaber kann ich hier in einer Bibliothek kriegen, da werde ich mich mal hinbemühen.
Grüßle zurück
ahnungslos
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Hallo, versuche es doch mal mit der Google-Buchsuche:
http://books.google.de/books?Ir=&as_brr=1&q=staatskalender+frankfurt
Hier kannst du die Namen aller bei der Post beschäftigten Mitarbeiter, allerdings von 1828 finden. Aber es wird auch noch andere Kalender geben. Evtl. auch die von Hessen-Darmstadt, da könnten die Butzbacher Postkutscher enthalten sein und auch weitere.
Gruß von Hesse
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Hallo zusammen!
Habe soeben ein Briefchen gefunden, was wohl zum Thema Fahrpost passt - Brief vom 22.7.1859 von Lindau nach Ravensburg - rückseitig mit Stempel Württ. Fahrend. Postamt
Schöne Grüße
Bayern-Nerv
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Hallo Bayern-Nerv,
ich bin zwar alles andere als ein Spezialist für dieses Thema, aber das "Z 14" im Stempel würde ich mal als "Zug 14" interpretieren und gehe davon aus, dass Dein Brief per Eisenbahn befördert wurde und diese Behandlung im Zug erfahren hat.
Liebe Grüße
mx5schmidt
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