Hallo,
wer Zensurpost sammelt tut gut daran. Kaum ein anderes Sammelgebiet vereinigt so viel Post aus der ganzen Welt in sich, wie dieses. Wenn man dann die Zensurpost des II. Weltkriegs, geprüft durch deutsche Dienststellen, sammelt, braucht man irgend wann Literatur, sagen wir den “Riemer“:
Die Überwachung des Auslandsbriefverkehrs während des II. Weltkriegs durch Deutsche Dienststellen.Und wer immer tiefer in die Materie eindringt, braucht noch mehr Literatur, sagen wir, den Landsmann:
Die Zensur von Zivilpost in Deutschland im 2. Weltkrieg.
Und es gibt noch mehr (Wolter usw. usw.).
Und jetzt aufgepaßt ! Man muß die Stempel und Verschlußbanderolen, sowie handschriftliche Vermerke und Einlagezettel schon gut kennen, um wirkliche Schmankerln in den einschlägigen Angeboten zu entdecken und diese für wenig Geld zu ersteigern, wenn andere den Wert noch nicht so durchschaut haben.
Ich zeige hier mal 4 Belege, denen man auf Anhieb das Besondere nicht ansieht.
1. Ein 3-Zensurstellen-Beleg
Der etwas ramponierte Beleg aus Kolumbien hat einen ziemlich verworrenen Weg hinter sich gebracht. Er durchlief dabei insgesamt 3 deutsche Auslandsbriefprüfstellen (ABPs) und zwar die ABP Köln, die zuständig war für den Leitweg nach Antwerpen/Belgien (runder Stempel Ac). Von dort sollte er weitergehen in die USA. Dabei wurde die ABP in Frankfurt am Main auf den Plan gerufen. Deren Merkmale erkennt man an den Verschlußstreifen rechts und links mit dem Kennbuchstaben e so wie an den kleinen Prüferstempeln 1579 und 1583 auf der Rückseite.
Und jetzt wurde es wohl irgend einem Prüfer zu bunt. Er wußte jetzt nicht genau, was mit dem Brief ist und schickte das “Brieflein“ weiter an die größte Prüfstelle, die ABP Berlin. Diese hatte die höchste Kompetenz für spezielle Probleme. Die Merkmale der ABP Berlin sind auf der Rückseite oben zu erkennen (Verschlußstreifen ohne Kennbuchstaben und roter Zensurstempel). 3fach-ABP-Belege sind selten, jedoch noch recht einfach zu erkennen.
2. ABP im Frühstadium
Der Brief vom 23. 9. 39 aus der Schweiz und sein Aussehen vorder- und rückseitig riechen förmlich nach Devisenkontrolle bei der Prüfstelle in Berlin. So einfach ist es zu diesem Zeitpunkt (Kriegsanfang) aber nicht. Die Prüfstelle (ABP Berlin) nahm Am 6. 9. 39 ihren Betrieb auf. Prüfstempel und Verschlußbanderolen waren rar und so bediente man sich der alten Devisenkontroll-Werkzeuge. Ein sicheres Indiz für
die Bearbeitung durch die ABP ist der rückseitige Stempel “Berlin-Charlottenburg 2“ mit den U-Buchstaben “an“. Dies war das Postamt der ABP. Es kommen auch noch andere U-Buchstaben vor. Also – dieser Brief wurde auch inhaltlich gelesen und ist
damit ein Beleg für die “Zensurpost“.
3. Besondere Inhalte – 2-Zensurstellen-Beleg
Der nächste etwas schmierige Beleg mußte vom Leitweg (Italien – Deutschland) her durch die ABP München (Kennbuchstabe d) laufen. Dies erkennt man auch an den bunten Stempeln 20 (blau), 31 (blau) und V (rot) auf der Vorderseite. Doch mehr ist von der ABP München kaum zu sehen. Dagegen sieht man neben den italienischen
Zensurmerkmalen linksseitig einen Verschlußstreifen der ABP Berlin (Kennbuchstabe b). Dies ist für diesen Leitweg sehr ungewöhnlich. Wenn man jedoch weiß, daß der Inhalt des Briefes, in diesem Fall Patentangelegenheiten, von Spezialisten zu prüfen war, so versteht man die Umstände. Patentspezialisten saßen nun mal in Berlin. Diese Belege sind selten und zählen schon zu kleinen Schmankerln der Zensurpost, auch wenn die Riemerpunkte 50 Stück nicht überschreiten.
4. Inlandszensur
Die Postzensur im II. Weltkrieg betraf nur den Auslandsbriefverkehr (siehe Riemer). Doch was liegt hier vor ? Eine Feldpostkarte aus Soltau nach Lörrach, die die ABP München durchlief, erkennbar an dem roten Prüferstempel 5395 und dem etwas schwachen Prüfstempel auf dem Briefstempel der militärischen Dienststelle. Der blaue Strich ist ein Zeichen für eine vorgenommene Prüfung auf Geheimschrift. Durch die aufgepinselte Substanz wurde eine Geheimschrift, wenn vorhanden, sichtbar.
Dies ist eindeutig eine Inlandskarte (die auch keine Feldpost-Prüfstelle durchlaufen hat). Man
findet in seltenen Fällen mal Poststücke nach Lörrach, die die gleichen Merkmale aufweisen. Möglicherweise ist die unmittelbare Nähe zur Schweizer Grenze die Ursache. Also – wer
so etwas findet, schön aufheben, die Sache lohnt sich – auch bei nur 50 Riemerpunkten.
Die Bilder gibt’s in zwei Partien.
m.w.myname
Partie 1