Hallo,
ich bin ein neues Mitglied hier im Forum, allerdings schon länger (wieder) als Sammler aktiv und u.a. (eher passives) Mitglied in der Arge Württemberg, in der FgGB und etwas aktiver in der Arge Schweiz (im Schwerpunkt Sitzende Helvetia, daher der Nickname).
Aktuell arbeite ich daran, das eine oder Sammelgebiet in Exponate umzusetzen. Eines der Themen ist auch die württembergische Vorphilatelie. Eine der Herausforderungen hier sind für mich allerdings immer noch die Taxierungen - wie im Fall des angefügten eigentlich ja nicht mehr vorphilatelistischen (20.10.1851 - fünf Tage nach der Einführung von Briefmarken in Württemberg) Briefes. Da findet sich die 7 gleich 2x, einmal durchgestrichen und durch eine 6 ersetzt.
Die Hülle wurde übrigens wohl doppelt verwendet, rückseitig gibt es noch einen L2 von Balingen vom Folgetag und links unten wohl eine andere Adresse und Reste von Taxvermerken.
Danke für Eure Hilfe mit Erklärungen dazu.
SitzendeUndMehr
Tarifklärung Württemberg
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Hallo SitzendeUndMehr,
scannen Sie bitte den gesamten Brief, denn ich sehe, daß auch links unten noch was steht, sonst kann man schlecht einen Kommentar abgeben.
Beste Grüße,
VorphilaBayern -
Hallo VorphilaBayern,
gerne - ich habe den Brief (ist doch nicht nur eine Hülle, sondern ein beschnittener Brief) nochmal komplett gescannt.
Was für mich sehr hilfreich wäre, wären natürlich Hintergrundinformationen zu den Tarifen in Württemberg. Da gibt es bedauerlichweise höchst wenig Material. Ich habe auch schon mit dem einen oder anderen Experten (Axel Hiller, Arge Württemberg; Herrn Helbig) Kontakt gehabt, die mir da aber auch nicht so sehr weiterhelfen konnten.
Eine "Kurzanleitung", wie man die wichtigsten Informationen auf Vorphila-Belegen (über das "vorne Porto, hinten Franko" hinaus) entschlüsseln kann, wäre aber super und würde mich sehr freuen.
Viele Grüße,
SitzendeUndMehr -
Hallo SitzendeUndMehr,
der Brief ist mindestens dreimal gelaufen.
1. Stempel Balingen vom 16.10.1851
dann Stempel Schömberg vom 20.10.
Ankunftsstempel von Balingen 21.10.Dann ist noch ein Stempel von Rottweil als Ankunftsstempel mit Datum 27.10. Es muß der Brief gewendet nochmal verwendet worden sein.
Der Brief ging als unfrankierter Brief von Balingen, höchstwahrscheinlich nach Schömberg (Porto bis 12 Meilen bis 1 Loth schwer = 6 Kr. In Schömberg fiel noch ein Kreuzer Bestellgeld an (eigentlich in Württemberg ab 1850 abgeschafft). Der Empfänger zahlte somit 7 Kreuzer Porto.
Am 20.10.1851 ging der Brief ein zweites Mal als Portobrief von Schömberg nach Geislingen bei Balingen. Zuvor wurden die "6" und die "7" durchgestrichen. Beim Empfänger wurden wiederum 7 Kreuzer Porto (einschließlich 1 Kreuzer Bestellgeld) eingezogen.Die Postgebühren innerhalb von Württemberg richteten sich nach dem Briefposttarif vom 2.6.1814 (in Kraft 1.7.1814), sowie ab 1.9.1851.
Er werde Ihnen später diese auflisten.
Beste Grüße,
VorphilaBayern -
Hallo SitzendeUndMehr,
den Briefposttarif innerhalb Württembergs ab 1.7.1814, siehe Bild.
Der Briefposttarif innerhalb Württembergs ab 1.9.1851 ist folgendermaßen:
Freigemachte Briefe bis 1 Loth:
im Orts - und Nachbarortsverkehr (bis zu 1 Meile) = 1 Kreuzer;
bis 12 Meilen = 3 Kreuzer;
über 12 Meilen = 6 Kreuzer;
Bis 14. Oktober 1851 Barfreimachung.
Ab 15. Oktober 1851 gab es die Freimarken.Unfrankierte Briefe bis 1 Loth:
im Orts - und Nachbarortsverkehr (bis zu 1 Meile) = 2 Kreuzer;
bis 12 Meilen = 6 Kreuzer;
über 12 Meilen = 9 Kreuzer;Am 1.9.1851 trat Württemberg dem DÖPV bei.
Diese 6 Wochen (vom 1.9. - bis 14.10.1851) sind, nachdem nur Barfreimachung - und die unfrankierte Absendung möglich war,
hochinteressant. Dies interessiert aber keinen, zum Glück !!Beste Grüße,
VorphilaBayern -
Hallo VorphilaBayern,
vielen Dank für die hilfreichen Informationen. Noch eine kurze Rückfrage: Eine geografische Meile in Württemberg = 7448,7 m? Das wäre zumindest der Wert, den die Wikipedia (in der sich ja vieles findet, interessanterweise auch zur Postgeschichte) nennt.
Beste Grüße,
SitzendeUndMehr -
Hallo SitzendeUndMehr,
die württembergische Meile = 7448,748 Meter;
die geographische Meile = 7420,438 Meter ( = 1/15 Äquatorgrad).
Gruß,
VorphilaBayern -
Danke!
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Hallo,
1. Gibt es auch eine Übersicht über die wichtigsten/gängigen Tarife vor Juli 1814? Ich hatte (ich meine, in einem Artikel im Archiv für deutsche Postgeschichte von 1962) gelesen, dass es davor an einheitlichen Regelungen mangelte. Ich habe z.B. hier einen Beleg von Knittlingen nach Ludwigsburg, was so knapp 30 km Luftlinie sein dürften, von 1808, mit zunächst 2 Kreuzer Rötel und überschrieben mit 4 Kreuzer. Gewicht ca. 10 Gramm. Das würde mit einer Entfernung von 3 bis 6 Meilen und einem Kreuzer Bestellgeld (nicht gesondert ausgewiesen) hinkommen nach den Tarifen ab 1814 - aber der Brief ist ja älter.
2. Wie wurden Chargé-Belege behandelt?
3. Wie viel Gramm waren ein Lot?
Danke für alle weiterführenden Informationen.
SitzendeUndMehr
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Hallo SitzendeUndMehr,
zu 1.: ich bin noch beim Suchen eine Auflistung der kaiserlichen Reichspost (Thurn und Taxis) um 1800 zu finden und kann daher momentan zu diesem Brief keinen Kommentar abgeben.
Am 19.12.1805 erfolgte der Armeebefehl Napoleons "Der Einzug des kaiserlichen Postregals durch Bayern, Baden und Württemberg". Noch am selben Tag befahl der württembergische Kurfürst die Inbesitznahme der in seinen Landen befindlichen Reichsposten durch den Staat. Bayern folgte am 20.12.1805 und Baden am 10.1.1806. Vom 19. - bis 31.12.1805 bestand somit eine kurfürstliche Post in Württemberg und ab 1.1.1806 eine königliche Württembergische Post. Am 9. September 1819 schloß König Wilhelm mit Fürst Karl Alexander von Thurn und Taxis einen Lehensvertrag. Dieser Vertrag dauerte bis zum 1. Juli 1851.
Der Brief von 1808 fällt in die Zeit von 1805 bis 1819. Wie in Bayern (bis 1810) galten in Württemberg (bis 1814) sicherlich die alten Taxen der kaiserlichen Reichspost.Zu 2.: Charge-Briefe. Als Beispiel Bayern.
Seit 1810 betrug die Gebühr für die Einlieferungsschein - und Einschreibgebühr 4 Kreuzer.
Bei Verlust der Sendung durch Vernachlässigung eines Postbeamten konnte eine Entschädigung von 25 Gulden geleistet werden.
Der Brief erhielt eine bevorzugte Behandlung. Er wurde auf seiner ganzen Reise einzeln nachgewiesen, während die gewöhnlichen Briefe nur summarisch weitergegeben wurden. Der Empfänger mußte den Erhalt bestätigen.In Württemberg war es ab 1814 genauso, außer, daß die Einlieferungsschein - und Einschreibgebühr 6 Kreuzer betrug.
Zu 3.: in Württemberg war ein Loth 14,6 Gramm;
Beste Grüße,
VorphilaBayern -
Hallo SitzendeUndMehr,
möchte zwei Belege aus den 6 Wochen zeigen:
Barfrankierter Frankobrief (handschriftlich "frei" - Rückseite "3" Kreuzer) von Waldsee nach Aulendorf (bis 1 Loth und bis 12 Meilen = 3 Kreuzer) vom 7. Oktober 1851.
Unfrankierter Brief von Besigheim nach Großsachsenheim (Post Vaihingen / Enz) vom 13. September 1851 mit Portobetrag 6 Kreuzer, die der Empfänger zu zahlen hatte (bis 1 Loth und bis 12 Meilen - unfrankiert = 6 Kreuzer).
Beste Grüße,
VorphilaBayern -
Hallo VorphilaBayern,
da werde ich doch mal meine Bestände durchforsten müssen. Interessant dürften aus der Zeit dann auch Briefe ins deutsche und österreichische "Ausland" (aus württembergischer Sicht) sein, oder!?
Beste Grüße,
SitzendeUndMehr -
Hallo SitzendeUndMehr,
da haben Sie recht.
Ich konnte bisher noch keinen Beleg finden.
Andere haben sicherlich welche und könnten diese hier einstellen.
Auch Belege mit 1 Kr (barfrankiert), oder 2 Kr. (unfrankiert).Beste Grüße,
VorphilaBayern -
Hallo VorphilaBayern,
ich habe auch keinen - 15.08.1851 ist der zeitlich nächste, aber eben noch in vor der Änderung.
Beste Grüße,
SitzendeUndMehr -
Hallo,
ich könnte einen vom Vortag der Markeneinführung aus Esslingen über Bayern nach Preußen als Barfrankatur (letzter Tag!) zeigen, wenn es gewünscht wird.
Liebe Grüsse von bayern klassisch
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Lieber bayern klassisch,
solche Raritäten würden wir hier gerne sehen.
Wo bleiben die anderen Briefe der "Württemberg - Sammler" ?
Liebe Grüße,
VorphilaBayern -
Hallo,
anbei drei Belege, bei denen mich die Erklärung der Taxierungen klar überfordert
Vielleicht (ich bin mir eigentlich sicher...) kann mir da ja jemand weiterhelfen.
Rückseitig hat's keine Taxierungen drauf.
Viele Grüße,
SitzendeUndMehr -
Hallo,
nochmal eine Frage: Wann (Zeiträume, Voaussetzungen) wurde Bestellgeld erhoben, wann nicht? Auch nachdem ich viele Taxierungen auf meinen Württemberg-Belegen angesehen habe, konnte ich dafür noch keine Erklärung finden. Anscheinend ist es ja mal explizit aufgeführt, mal nicht. Nur: Nach welchen "Regeln"?
Viele Grüße,
SitzendeUndMehrP.S.: Falls jemand noch Erklärungen zu den drei Belegen aus dem letzten Beitrag hätte, wäre ich dankbar. Ich scheitere daran immer noch, auch nachdem ich mich durch Helbig's Vorphilatelie Band 1 gearbeitet habe (den es ja als PDF auf CD noch käuflich zu erwerben gibt).
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In den Orten mit Postanstalten wurde in der Vormarkenzeit ein Bestellgeld von einem Kreuzer erhoben. Davon ausgenommen waren die königlichen Dienstsachen und königlichen Angelegenheiten. Für Fahrpostsendungen betrug das Bestellgeld in Orten mit Postanstalt 2 (bis 25 Pfund) bzw. 4 Kreuzer (über 25 Pfund).
Briefe in den Landbestellbezirk wurden von den Amtsboten abgeholt, die von der Post unabhängig waren. Diese verlangten in der Regel 2 Kreuzer Bestellgeld.Das Bestellgeld wurde nicht immer angeschrieben!
Grüßle
lickle
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Vielen Dank!
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