Beginnen wir den Anfang vom Ende mit einem kurzem Überblick über die politische Landschaft der Zeit. Präsident seit 1909 war der Republikaner William Taft. Postminister in seinem Kabinett war Frank Hitchcock. Seit 1910 hatte allerdings die demokratische Partei die Kontrolle im US Kongress. Benjamin Franklin Cummins, um den es hier geht, war der Bruder von Albert B. Cummins. Albert Cummins war von 1902 bis 1908 Governeur des Bundsstaates Iowa und von 1908 bis 1926 vertrat er Iowa im U.S. Senat. Er war ein einigermassen einflussreicher republikanischer Politiker und wurde kurzzeitig als möglicher Präsidentschaftskandidat für die Wahl von 1912 gehandelt. Tatsächlich traten der bisherige Amtsinhaber Taft (Republikaner) gegen den früheren Präsidenten Theodore Roosevelt (Präsident von 1901 –1909, ehemals Republikaner, nun unabhängig) und den Demokraten Woodrow Wilson an. Dies waren historisch bedeutsame Zeiten, insbesondere die Spaltung der republikanischen Partei hatte Langzeit-Effekte. Nun egal. Zurück zu den Stempeln.
Das Vergabeverfahren für die Anmietung von Stempelmaschinen im Vertragszeitraum von 1913 bis 1917 – nunmehr ein Vierjahreszeitraum – begann am 24. Juli 1911. Das Verfahren kann nur als absolutes Chaos bezeichnet werden. Bei einem Zeitraum von vier Jahren, standen alle etablierten Maschinenhersteller praktisch mit dem Rücken zur Wand. Im Falle der Nichtberücksichtigung wäre es schwer, wenn nicht unmöglich im Geschäft zu bleiben. Zudem trat nun erstmals aggressiv und nachhaltig ein weiterer Spieler auf, Walter Bowes und die Universal Stamping Machine Co. Die Ausschreibung wurde mehrfach aufgehoben, es gab zahlreiche Beschwerden von allen Seiten. Jede Fima rügte Vergabeverstösse jeder anderen Firma. Dies liess das Fass überlaufen und das US Repräsentantenhaus setzte im August 1912 einen Untersuchungsausschuss zur Investigation der Vergabepraxis des Postministeriums ein. Hierbei kamen nicht nur das laufende Verfahren auf den Tisch, sondern auch sämtliche tatsächlichen oder vermuteten Unregelmässigkeiten aus vergangenen Verfahren, insbesondere z. B. auch im Hnblick auf die B. F. Cummins Co. Sortiertische (pick-up tables), deren Wert umstritten war. Folgend, im englischem Original worum es ging:
First. That the action of the department in the rental, purchase and assignment of canceling machines had not been business like, impartial and economical.
Second. That the department, through one or more of its officers, has shown favoritism in awarding, and in the proposing to award, contracts for rental and purchase of canceling machines to the Time Marking Machine Co. and the B. F. Cummins Co., both of Chicago. Ill.
Third. That the Canceling Machine Committee, appointed by the Postmaster General's order for making inquiries and recommending awards, was more or less controlled by others in its deliberations and that certain conclusions reached by it were not warranted by facts and circumstances of the case.
Fourth. That the purchase on June 18, 1912, of 55 hand power canceling machines from the B. F. Cummins Co. of Chicago, Ill., at a rate of $184 each, was done upon insufficient information and probably without authority.
Fifth. That certain bidders for the rental and purchase of canceling machines have not been treated with proper consideration by officers of the department.
Die Berichte und Sitzungsmitschriften des Untersuchungsausschusses füllen rund 2000 Seiten. Sie sind trotz ihrer Langatmigkeit von grossem Wert für die postgeschichtliche/stempelkundliche Beschäftigung mit amerikanischen Maschinenstempeln. Unschätzbar sind die unzähligen im Original wiedergegebenen Schreiben, Berichte von Postämtern über den Einsatz von Maschinen etc., die im Original wohl mit hoher Wahrscheinlichkeit verloren sind. Informationen aus diesen Akten sind an einer Vielzahl von Stellen in diesem Beitrag eingearbeitet, der wirklich mein schwerstes Stück Arbeit war.
Meiner Meinung nach waren die Time-Cummins Maschinen so schlecht nicht. Auch bei der Vetternwirtscahft bin ich mir nicht so sicher. Im Prinzip endete das Untersuchungsverfahren ohne greifbare Ergebnisse. Bei der Wahl in 1912 gewann der Demokrat Woodrow Wilson, eine neue Verwaltung übernahm, und die Arbeit des Ausschusses endete ohne konkrete Anklage. Die B. F. Cummins Co. kam allerdings bei der Vergabe für die Jahre 1913-17 nicht zum Zuge und erhielt auch später keine Aufträge der U.S. Post mehr über Stempelmaschinen. Sie vermarketet allerdings weiterhin ihre kleinen #2 Maschinen direkt an Postmaster. Im Jahre 1920 änderte die Firma ihren Namen von B. F. Cummins Co. in Cummins Perforator Co.
B. F. Cummins starb 1941. Die Firma wurde 1944 aufgelöst. Was bleibt, sind die Stempel.