Unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg gab es in Österreich keinen Flugpostdienst; es waren ja keine Flugzeuge vorhanden.
Die Wiederaufnahme mit Hindernissen und die horrenden Gebühren machen diesen Teil unserer Geschichte zu einem spannenden Kapitel der Philatelie.
Nach dem 2. Weltkrieg gab es in Österreich keinen Flugpostdienst. Flugzeuge waren dem wieder auferstandenen Staat verboten, ebenso Funkverkehr. Der neue Schilling war nicht konvertierbar und wurde im internationalen Zahlungsverkehr nicht akzeptiert. Das Land war in vier Besatzungszonen aufgeteilt, die Post wurde zensuriert. Alle wichtigen Entscheidungen mussten dem Alliierten Rat vorgelegt und von ihm genehmigt werden.
Trotz aller Widrigkeiten wurde der Flugpostdienst bereits am 25. März 1946 aufgenommen! Allerdings mit horrenden Gebühren. Mussten doch die internationalen Fluggesellschaften mit Goldfranken bezahlt werden.
Flugpostgebühr ins europäische Ausland
(Brief bis 20 g):
Dänemark 2,40 S
Großbritannien 1,20 S
Portugal 3,00 S
Spanien 3,60 S
Flugpostgebühren ins außereuropäische Ausland
(Brief bis 5 g):
Brasilien 5,55 S
Palästina 2,75 S
Südafrika 3,15 S
USA 3,25 S
Man bedenke, ein Brief mit doppeltem Gewicht (bis 10 g) kostet das Doppelte!
Die Post suchte deshalb intensiv nach billigeren Fluggesellschaften und Flugrouten. Die Gebühren änderten sich rasch, meist wurden sie ermäßigt.
Nur die großen Postämter waren über den neuesten Stand der Flugpostgebühren informiert. Die kleinen
mussten die Gebühren telefonisch erfragen.
Das klingt einfach, 1946 war es aber oft nicht möglich, eine telefonische Verbindung herzustellen. Deshalb verklebten Postbeamte überholte, zu hohe Gebühren oder rieten dem Kunden: „Kleben Sie möglichst viel aufs Kuvert, das passt dann sicher.“
Es gab eine Vorschrift: „Nicht mehr aktuelle Drucksorten sind dem Altpapier zuzuführen.“ Papier war ein wichtiger Rohstoff. Niemand ahnte, dass es in ferner Zukunft ein riesiges Problem für die Philatelisten werden würde, die Flugzuschläge zu rekonstruieren.
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Brief Vorder- und Rückseite: Flugpostbrief nach Brasilien vom 2. Tag des Flugpostdienstes (26.3.1946). Flugzuschlag 2. Gewichtsstufe 2 x 5,55 = 10,10 S, Briefporto 50 Gr., gesamt = 11,60 S. Massenfrankatur der 60-Gr.-Marke, da noch keine Schillingmarken vorhanden waren. Ankunftstempel vom 10.4.1946. Alliierte Zensur.
Ein weiteres Problem tauchte auf, im März 1946 gab es noch keine Schillingmarken. Die Posthornserie mit Werten bis 5 Schilling war zwar in den Westzonen noch gültig, aber seit Dezember 1945 nicht mehr an den Postschaltern erhältlich. Die Marken der Sowjetzone wurden am 20. Dezember 1945 ungültig. Die neue Landschaftsserie war noch nicht komplett. Die ersten Schillingwerte wurden erst am 20. Mai und am 13. Juni 1946 ausgegeben.
Die Folge waren Massenfrankaturen mit niedrigen Wertstufen oder Barfreimachung. Es wird auch verständlich, dass Luftpostbriefe mit Schillingmarken der Posthornserie frankiert, extrem selten sind.
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Brief Vorder- und Rückseite: Früher Flugpostbrief nach Palästina (19.4.1946). Flugzuschlag 2,75 S, Briefporto 50 Gr., gesamt = 3,25 S. Massenfrankatur der 50-Gr.-Marke. US-Zensur.
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Früher Flugpostbrief nach USA (20.4.1946). Seltene Posthorn-Frankatur. Flugzuschlag 2. Gewichtsstufe 6,50 S, Briefporto 50 Gr., gesamt = 7,00 S. Seltener französischer Zensurstempel „IKB“. Der Absender war Insasse eines UNRRA-Lagers.
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Früher Flugpostbrief nach Kenya (22.11.1947). Flugzuschlag 2. Gewichtsstufe 3,20 S, Briefporto 1,00 S, gesamt = 4,20 S. Frankiert mit dem 4,00-S-Wert der Flugpostserie 1947. Sowjetische Zensur und Kontrollzensur.
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Brief Vorder- und Rückseite: Früher Brief nach USA (16.5.1946). Flugzuschlag 2. Gewichtsstufe 6,50 S, Briefporto 50 Gr., gesamt = 7,00 S. Frankiert mit 14 Stück 50-Gr.-Marken, da es noch keine Schillingmarken gab. Brief aus dem Lager Asten O.Ö. Es war ein DC-Lager (Displaced Persons). Aufgegeben wurde der Brief in Heinrichsdorf. Dieses Dorf wurde von Heinrich Himmler als Umsiedlerdorf errichtet und nach ihm benannt. Das Postamt wurde 1952 geschlossen. US-Zensur.
Am 5. Mai 1947 kamen die ersten Werte der Flugpostserie an die Postschalter, eine 5,00-S-Marke war damals der Höchstwert. Die Serie nennt man „Flugzeuge über Landschaft oder Gebäuden“. Kühne Motive, wenn man bedenkt, dass Österreich noch keine eigenen Flugzeuge besaß.
Doch wieder zurück zu den Gebühren. Ihre Verbilligung kann man hier am Beispiel USA nachvollziehen.
Für einen Brief bis 5 g betrug die Gebühr:
März 1946: 3,25 S
Ende Juni 1946: 2,95 S
Januar 1947: 1,20 S
Mai 1948: 1,05 S
Die Schillingwerte waren also postalisch notwendig.
Wenn man hier liest, dass sie bis Mai 1947 kaum vorhanden waren, ist das aber nur bedingt richtig.
Es gab ja die Sondermarken!
Am 7. August 1946 wurde die Rennerserie ausgegeben. Ihr Höchstwert betrug 5,00 + 5,00 S. Die Marke war jedoch nur bis zum 30. September 1946 gültig!
Die Serie „Niemals vergessen” hatte einen Höchstwert von 2,00 + 2,00 S und war bis zum 31. Dezember
1946 gültig, „Austria Preis”, ebenfalls 2,00 + 2,00 S Höchstwert, war bis zum 30. November 1946 gültig und schließlich die Ausgabe „Wiederaufbau des Stephansdoms“ mit dem 2,00 + 1,00 S Spitzenwert.
Die enormen Zuschläge von 100% bzw. 50% verhinderten jedoch eine Bedarfsfrankatur.
Sammler meinten damals, nur Narren würden diese Wertzeichen auf einen Brief kleben und auf diese Weise „entwerten“. Sie hingegen klebten die postfrischen Marken mit einem Falz in ihre Alben.
Solche „Narren“ gab es freilich trotzdem. Flugpostbriefe, portogerecht mit Sondermarken frankiert, sind jedoch extrem rar.
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Frühe Flugpost nach Canada (18.1.1947). Flugzuschlag 2. Gewichtsstufe 6,50 S, Briefporto 60 Gr., gesamt = 7,10 S. 2 Gr. Überfrankatur. Seltene Frankatur mit Sondermarken (Zuschlag insgesamt 15,48 S!). Alliierte Zensur.
Interessanter Briefinhalt: „Wien, 17.4.1947... Wo sind wir heute? Ich komme mir manchmal vor wie zur Steinzeit, kein Licht, nicht viel zum Essen, nicht viel zum Heizen, zum Anziehen bekommt man nichts (höchstens im Schleichhandel), der eine dicke Brieftasche hat, der bekommt alles! Ihre Lieben werden Ihnen ja schon ausführlich über unsere guten Verhältnisse geschrieben haben, aber Sie werden ja selbst bald die gute Zeit im Kreise Ihrer Lieben miterleben, es übertrifft Ihre ganze Phantasie, Sie können sich nicht annähernd die Wahrheit vorstellen...
Hoffentlich wird es dann besser werden, wenn unsere Befreier das Land verlassen werden (in ca. 9-10 Monaten!)?...“
Im November 1947 wurden die Ergänzungswerte der Flugpostserie ausgegeben. Nun gab es auch einen Höchstwert von 10,00 Schilling. Die Serie hatte jedoch einen Schönheitsfehler: Sie wurde am 9. Dezember 1947 ungültig. Die zweite Währungsreform brachte einen neuen, härteren Schilling. Die orange-violette Landschaftsserie ersetzte alle bisherigen Ausgaben. Die Ergänzungswerte der Flugpostmarken zu 50 Gr., 1,00 S, 2,00 S und 10,00 S waren nur vom 12. November bis 9. Dezember 1947 gültig. Bedarfsfrankaturen sind aber noch seltener als es die ohnehin kurze Laufzeit vermuten lässt.
Gleichzeitig mit der Ankündigung der Ausgabe gab es die ersten Informationen über die bevorstehende Währungsreform. Die Luftpostmarken wurden bogenweise gekauft und gehortet. Man versuchte, möglichst viel vom alten Geld zu retten. Dieses Vorhaben ist missglückt, postfrische Ware ist fast unverkäuflich.
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Früher Flugpostbrief nach Neuseeland (9.12.1947 = Letzttag). Flugzuschlag 2. Gewichtsstufe 8,10 S, Rekogebühr 1,40 S, Briefporto 1,00 S, gesamt = 10,50 S. Ankunftstempel Auckland vom 29.12.1947. Alliierte Zensur.
Die vielen Schwierigkeiten und Unklarheiten machen dieses Sammelgebiet freilich besonders reizvoll.
Quelle: DIE BRIEFMARKE Nr. 3/2006 - Dr. Hellwig Heinzel