Die ,,Sperrwerte" der DDR:
Briefmarken
für die VIP's?
Einer von Dr. Phils Vereinen bekam neulich Besuch von seinem sächsischen Partnerverein. Die Sachsen brachten natürlich ihre Tauschalben mit, und so kamen sich alle schnell näher. Meine Aufgabe war es, das Durchschnittsalter zu senken.
Ich saß mit Dr. Phil und zwei Sachsen an einem Tisch. Dr. Phil und der jüngere der Sachsen tauschten DDR-Briefmarken. Dabei fiel auch das Wort „Sperrwert“.
Ich hörte mich fragen: „Was ist denn ein Sperrwert?“ Mir ist völlig schleierhaft, wie ich diese Frage stellen konnte. Ich hätte eigentlich wissen müssen, dass damit der Tauschabend für mich gelaufen war. Und Dr. Phil erklärte ausufernd, dass es in der DDR bei fast jedem Satz eine Marke gab, die eine erheblich niedrigere Auflage als die anderen Marken hatte.
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Nicht gerade häufig: Sauber gestempelter Sperrwert mit lesbarem Ort und Datum.
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Diese Marken wurden vom staatlichen Außenhandel der DDR mit einem saftigen Aufschlag verkauft. Und dann sagte Dr. Phil den verhängnisvollsten Satz des Abends: „An den Postschaltern konnte man diese Marken nur gegen Vorlage des Sammlerausweises und nur in beschränkter Stückzahl kaufen.“
Sperrwerte im Freiverkauf
Mein Tauschpartner protestierte lautstark, dass das völlig falsch sei und es damals in jedem Postamt eine kleine Menge dieser Sperrwerte im „Freiverkauf“ zu kaufen gab. Außerdem konnte man nach einigen Tagen die nicht abgeholten Marken für die Sammler ebenfalls im Freiverkauf beziehen. Nun schaltete sich Dr. Phils Tauschpartner ein: Er habe in dreißig Jahren zweimal Marken im Freiverkauf ergattern können. Wenn man keine guten „Beziehungen“ (Vitamin-„B“ genannt!) zur Postlerin gehabt hätte, sei man chancenlos gewesen.
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Nicht gerade beliebt: Die meisten Sperrwerte tragen unbeliebte Massenentwertungen oder sind postfrisch.
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Die beiden stritten sich noch eine ganze Weile, Dr. Phil hörte ganz gebannt zu. Naja, nach allem, was ich von meinem Onkel über die DDR weiß, glaube ich auch, dass persönliche Bekanntschaften bei der Erteilung einer „Extraportion“ sehr hilfreich waren. Was weiß Dr. Phil schon über die DDR? Ich glaube, er bezieht sein Wissen hauptsächlich aus dem Michel-Katalog.
Sperrwerte gehortet
Also, es gelang mir schließlich, die beiden Sachsen durch geschickte Zwischenfragen von dem Problem des Freiverkaufs abzubringen. Sie gaben dann noch weitere Details über die Sperrwerte bekannt: Viele Sammler haben die Sperrwerte damals gehortet, sie waren ja schwierig zu bekommen. Die meisten Sperrwerte wanderten daher postfrisch ins Album. Auch für Ersttagsbriefe (FDC) wurden viele Stücke geopfert. Viele Sammler gebrauchter Marken hatten ein „Gestempelt-Abo“ bei der Post. Geliefert wurden Marken mit aufgedrucktem Stempel.
Diese Erhaltungen – gedruckte Stempel, FDC und postfrisch – stehen für Marken etwa der 70er und 80er Jahre bei vielen Sammlern nicht besonders hoch im Kurs. Gefragt sind zunehmend echt und vor allem sauber gestempelte Stücke. Und das saubere Abschlagen der DDR-Stempel war eine Kunst, die nur wenige Postler beherrschten. Perfekte Bedarfsstempel sind hier seltener als bei der Bundespost.
Sperrwerte auf Brief sind da schon eine kleine Seltenheit. Wunderbar, denn das erhöhte natürlich den Wert des Briefes, den ich gerade wegtauschte…
Zinnober Zacke
Quelle: Briefmarken-Spiegel.de