Russische Phantasien oder - Was der Michel nicht erzählt...

Klar, kein Problem:

1. Bild:
Rot - Don-Gebiet MiNr. 3B
Gelb - Don-Gebiet MiNr. 1B
Grün - Koltschak Armeepost (Sibirien) MiNr. 1A

(dabei ist mir eben zum ersten mal aufgefallen, das im SAUTEUEREN Michel Russland-Spezial 2005 dafür nur überschrift vorhanden und der Listenteil vergessen worden ist... GANZ TOLLE LEISTUNG!)

2. Bild
links - Kuban-Gebiet MiNr. 7A
rechts - Ämter in China MiNr. 43

Sind also alles "reguläre"...

Anzahl der Werte: 7/7

Hintergrund: In den frühen zwanziger Jahren herrschte in Russland Hungersnot, die durch den Bürgerkrieg und die Politik der Kommunisten verursacht wurde (ca. 20 millionen Tote!). Um Geld für die Hungerhilfe aufzutreiben wurden diverse philatelistische Anstrengungen unternommen: U.a. den Verkauf von so gut wie allen Briefmarkensammlungen in's Ausland, die Herausgabe von Hungerhilfemarken und die Herstellung von Besonderheiten auf Bestellung durch westliche Briefmarkenhändler.

Diese Ausgabe versuchte auf den Zug aufzuspringen und westlichen Sammlern das Geld aus der Tasche zu ziehen. Als Entstehungsland wird entweder Italien oder Frankreich mitte der 20er Jahre gennant.

Es sind jedoch zwei Belege bekannt, auf denen diese Marken verklebt und mitentwertet wurden. Beides sind Postkarten aus einer Korespondenz zweier Philatelisten in Odessa und Moskau. Beide sind im Juli 1924 gestempelt. Diese Belege wurden von Marcel Lamoureux in einer älteren Ausgabe des Rossica-Journals gezeigt.

Wert: 2,00-3,00 Euro

Anzahl der Werte: 6/6

Hintergrund: Man nehme ein neues Land, das keiner kennt und behaupte, man habe einen unverausgabten Satz, den das Land bei der Druckerei nicht abgefordert hat. Bei Armenien gibt's sowas ja wirklich...
Die Legende besagt jedoch, das die Marken ursprünglich als echte Neuerscheinung in der italienischen Zeitschrift Domenicia del Corrier vom 25 Feb. 1923 angekündigt wurden. Diese Bilder sollen als Vorlage gedient haben.

Als Quelle wird der selbe Hersteller angenommen, wie bei der Odessa Hungerhilfe Ausgabe.

Diese Ausgabe ist gezähnt 11,5 und weist eine ungleichmäßige, brüchig wirkende Gummierung auf.

Es scheint zwei verschieden Fälschungen dieser Ausgabe zu geben. Diese haben beide glattes Gummi, schlechteren Druck und kleine Unterschiede der Bildgröße. Sie unterscheiden sich durch die Zähung (11 und 11,5) voneinander.

Der Zeitungsartikel auf Bild zwei kündigt die Serie als neu erschienen an.

Wert: ca. 2,00 Euro

Anzahl der Werte: 5/5

Hintergrund: Die Gilan Provinz liegt im Norden Persiens, am Südufer des Kaspischen Meeres.
Im Mai 1920 besetzten die Rote Armee die Provinzen Gilan und Mazanderan (Iranisch Aserbaidschan), weil sich weisse Truppen des General Denikin in diese Provinzen (unter den Schutz der Britten) zurückgezogen hatten.
Es wurde eine Marionetten-Regierung eingesetzt und diese verausgabete einen Satz Briefmarken in einheitlichem Design. Das Motiv zeigt den Schmied Kave aus der Persischen Mythologie, der sich gegen den Staat erhebt.

Die Werte des Satzes zeigen keine Nominale, sondern sind durch ihre Farben bestimmten Wertstufen zugeordnet:
3 Shahis - hellbraun
6 Shahis - hellblau
9 Shahis - grün
12 Shahis - dunkelblau
24 Shahis - braun

Ca. 30000 Sätze wurden in Resht auf dickem, weissen Faserpapier gedruckt.

Die Marken kommen mit Stempel von Resht vor und mit Teilabschlägen eines unidentifizierten Kastenstempels.

Zwei Belege mit Marken der Gilan Ausgabe sind bekannt von denen einer auf der IBRA 1999 in Nürnberg gezeigt wurde.

Literatur: Baldus, Wolfgang: Philatelic Witnesses.

Wert: ca. 30,00 Euro der Satz

Anzahl der Werte: 11/11

Hintergrund: 1879 wurde in Persien mit russischer Hilfe und russischen Offizieren eine Kosaken-Brigade aufgestellt. Die Alibi-Geschichte dieser Ausgabe ist aber trotzdem recht verschwommen. Angeblich sollen die Marken für die kommunistische Fraktion der republikanischen Partei des Iran (Ehsanollah Khan) produziert worden sein.

Als Hersteller wird der selbe Drucker in Täbris vermutet, der auch für die Sattar Khan Phantsieausgabe von 1909 verantwortlich gemacht wird. Jedoch ist auch wieder die "ominöse" Herkunft Paris im Gespräch.

Der russische Schriftzug oben im Markenbild besagt: "Persische Post". Der untere in Farsi: "Post der Iranischen-Republik".

Die gezähnte Version ist gezähnt 13 1/4.

1 Shahi lila
2 Shahis dunkelbraun
3 Shahis grün
4 Shahis dunkelgrün
5 Shahis karmin
10 Shahis blau
12 Shahis gelb
1 Kran dunkelschiefer
2 Kran hellgrün
5 Kran blau
10 Kran orange

Literatur: Baldus, Wolfgang: Philatelic Witnesses.

Danke für die Abbildung an Phila Tom.

Wert: Die Werte dieses Satzes sind selten. Die vier gezähnten Kran-Werte haben kürzlich auf ebay 87,76 Euro erbracht!

Anzal der Werte: 11

Hintergrund: Überdrucke auf unverausgabten Marken. Die Wiener-Bildausgabe der Ukraine wurde bei der Druckerei nicht mehr abgefordert und gelangte komplett in den Handel.
Die Ursprungsmarken sind bis heute quasi wertlos.
Leider habe ich bis jetzt keine genaue Herkunftsgeschichte gesehen. Eine Alibigeschichte, die man manchaml hört ist, das die Marken für Polen überdruckt wurden, um im Falle einer Fortsezung des Feldzuges in der Ukraine, in den neu besetzten Gebieten zur Verwendung zu kommen.

Der Aufdruck U.P.P steht wohl für "Ukrainskaja Polevaja Potshta" - Ukrainische Feldpost.

Auf Bild 2 seltene Aufdruckfehler aus -steppenwolfs Sammlung

Marken dieser Phantasie wurden ab 1920 angeboten.

Wert: 3,00 - 5,00 Euro für den Satz

Anzahl der Werte: 5

Hintergrund: Noch ein Fall von Veredelung der Schahiw-Ausgabe.
Die Marken wurden wohl im Mai 1920 in violett mit einem Flugzeug, der Währungsangabe Hrywenj und einer neuen Nominale überdruckt.

Es wurden die Wertstufen 10, 20, 30, 40 und 50 erstellt.

Wert: Diese Ausgabe ist selten, eine Preisbestimmung war mir mangels Vergleichsmaterial bis jetzt nicht möglich.

Dank der freundlichen Mithilfe eines Gastlesers aus Moskau (Spasiba Roman!)
hier zumindest schon mal eine Abbildung des Aufdrucks aus einem russischen Katalog.

Dobro paschalowatch Sedoy!

Ich habe mir die Seiten die Du mir geschickt hast ausgedruckt und bin dabei sie zu übersetzen!

Hallo Sedoy,

die großen scans sind grade bei mir angekommen! Vielen Dank, damit geht es viel besser!

Anzahl der Werte: 12

Hintergrund: Diese Aufdruck-Phantasie gehört der Legende nach in den Bereich der Republik des Fernen Ostens. Der Aufdruck lautet "Wremennaja Zemskaja Wlasti Pribaikalija" - Provisorische Gebietsregierung Baikalregion. In letzter Zeit setzt sich jedoch auch immer mehr die Meinung durch, das es sich dabei um eine unverausgabe Ausgabe handelt.

Überdruckt wurden die MiNr. 77A, 77B, 78A, 78B, 78D, 79A, 79B, 80A, 80D, 81A, 149, 150.

Als Vorlage für den Überdruck diente der Aufdruck auf Banknoten und Staatsanleihencoupons der Koltschak-Regierung, die wohl tatsächlich von der Gebietskörperschaft in Irkutsk überdruckt wurde. Für das kleine Bild (aus einer ebay-Auktion...) bitte ich um Entschuldigung.

Wert: Die Marken werden selten angeboten, nicht genug Vergleichspreise. Jedoch sind mir die Kettensprenger Werte 149/50 bis jetzt noch gar nicht untergekommen.
Belege und gestempelte Einzelmarken die hin und wieder mal angeboten werden, sind auf jeden Fall falsch.

Das Bild der Marken hat -steppenwolf freundlicherweise zur Verfügung gestellt.

Literatur: Artikel in "Mir Marok 2010-01" (rus.)

Anzahl der Werte: 7/7

Hintergrund: Angebliche Sonderausgabe zum 5. Jahrestag der Sowjetregierung. Die Marken stammen aus der Produktion des venezianischen Phantasieausgaben-Verlegers Marco Fontano und tauchten 1923 am Markt auf.

Die Herren auf den letzten drei Werten sollen Lenin, Zinoviev und Trotzki darstellen.

Abbildung aus der Sammlung von -steppenwolf
Abbildung eines Attestes für den Satz von Sismondo (ebay)

Wert: 15,00 - 20,00 Euro für den Satz. Der Satz mit dem Attest hat 81,- € auf ebay eingespielt (!)

Anzahl der Werte: 3

Hintergrund: Angebliche Sonderausgabe zum 6. Jahrestag der Revolution. Die Marken stammen aus der Produktion des venezianischen Phantasieausgaben-Verlegers Marco Fontano und tauchten 1923 am Markt auf.

Die Werte wurden auf zwei Papiersorten gedruckt: A) weiss b) gelblich

5000 R. blau (Mann und Frau von Sonne beschienen)
10000 R. rot (6. Jahrestag der Revolution, Tänzerin)
20000 R. grün (Greif und Krieger)

Wert: Die Werte werden selten angeboten, ca. 10,00 - 15,00 Euro für den Satz.

Anzahl der Werte: 17

Hintergrund: Angeblich handelt es sich bei dieser Ausgabe um das Gegenstück zu der oben beschriebenen GILAN AUSGABE. Die dort erwähnten Denikin-Truppen in Täbris sollen für diese Ausgabe verantwortlich sein. Da diese Provinz von den Britten besetzt war, passender Aufdruck in Englisch.

Die Werte wurden in den 20er Jahren in den Katalogen Yvert und Gibbons gelistet. Die Ausgabe wurde von Frankreich aus verbreitet und ist warscheinlich auch dort enstanden. Selten sind gestempelte Exemplare zu finden, wie auf Bild 2, das den Falschstempel des russichen Konsulatspostamts in Täbris trägt. Ein anderer Stempel auf dieser Ausgabe ist "Baku 10 Oct 1917" (in englischer Sprache).

Laut Oscar Riep der die Ausgabe in den 20er Jahren katalogisiert hat, existieren drei verschiedene Aufdrucktypen:
1. Pariser Ausgabe: Die Buchstaben sind breiter als bei den anderen Typen.
2. Italienische Ausgabe: Buchstabe Y schräg stehend. (2 unterscheidbare Auflagen)
3. Konstantinopler Ausgabe: Eng stehende Buchstaben und grades "Y".

Wert: 3,00 - 5,00 Euro Stück, komplette Sätze werden nur selten angeboten.