„Die Menschen verschicken immer weniger Briefe mit echten Briefmarken, das Sammeln dauert immer länger!" Mit dieser Entschuldigung übergab Wolfgang Baasch, Kreisvorsitzender der Lübecker SPD und Mitglied des schleswig-holsteinischen Landtages, am Dienstag zwei Pakete Briefmarken an die Briefmarkengruppe der Vorwerker Diakonie.
[Blockierte Grafik: http://www.hl-live.de/aktuell/bilder/briefmarke1.JPG]
Briefmarken-Mitarbeiter der ersten Stunde: Lieselotte Kufalt (li.) und Claus Maaß.
„In meiner Jugend habe ich selbst gesammelt und bringe es auch heute einfach nicht über`s Herz die Marken wegzuwerfen", so Baasch. Deshalb sammelt er in der SPD-Kreisgeschäftsstelle sowie privat zu Hause und liefert sie, wenn er Zeit hat, auch persönlich bei der Briefmarkengruppe im Souterrain des Verwaltungsgebäudes der Vorwerker Diakonie ab. Und weil, „ich die Arbeit, die hier geleistet wird inklusive der vielen Projekte, die die Briefmarkengruppe unterstützt, einfach beeindruckend finde."
Menschen mit und ohne Behinderungen sammeln, sortieren und verkaufen hier seit mehr als 30 Jahren Briefmarken. Mit dem Erlös unterstützen sie insbesondere Menschen mit Behinderungen. „Das sind ganz unterschiedliche Sachen, die wir machen", berichtet Juliana Stolle. „Wir finanzieren Ausflüge oder Weihnachtsgeschenke für Kinder, die keine Eltern mehr haben. Immer häufiger kommt es vor, dass wir die Zuzahlungen für Zahnersatz oder Brillen übernehmen. Oder die Kosten für nichtverschreibungspflichtige aber notwendige Medikamente". Das letzteres nötig ist, kann Stolle nicht verstehen. „Die Menschen sind doch auf diese Medikamente angewiesen. Sie verfügen aber nicht über die notwendige finanziellen Mittel. Da muss es doch Ausnahmen geben!" Baasch stimmt ihr zu: „Da müssen wir noch einmal ran", so der Sozialpolitiker. Er versprach das Thema in den entsprechenden Gremien anzusprechen.
Einzelstücke, Briefmarkenpakete und Kiloware: Die Briefmarkengruppe der Vorwerker Diakonie sammelte und sortierte schon über eine Million Marken.
Wenn man durch das Souterrain des Verwaltungsgebäudes der Vorwerker Diakonie läuft, vermutet man zunächst nicht, dass hinter einer der vielen Türen jeden Dienstag von 10 bis 16 Uhr eine ehrenamtliche Truppe emsig arbeitet. Und das mehr als 30 Jahre! „Seit 1976 sammeln, sortieren und verkaufen wir Briefmarken", erzählt Juliana Stolle, einer der vielen Menschen mit und ohne Behinderungen, die in der Briefmarkengruppe aktiv sind.
Von Anfang an ging es dabei um zwei Dinge: Zum einen natürlich um Briefmarken. Zum anderen aber auch um den Kontakt untereinander. „Hier trafen und treffen Menschen, die in der Vorwerker Diakonie leben, auf Menschen, die von außen kommen.", sagt Stolle. Insofern waren schnell zehn, zwölf Bewohner und einige Ehrenamtliche Helfer gefunden, die sich zum Sammeln, Ausschneiden und Sortieren von Briefmarken treffen wollten. Von den Sammlern der ersten Stunde sind mit Lieselotte Kufalt (69), Heinz Jürgen Meyer (68) und Claus Detlef Maaß (62) noch drei dabei, die bis heute fleißig und gerne sammeln. „Es hat von Anfang an Spaß gemacht", erinnert sich Lieselotte Kufalt. „Und dann gab es immer eine Tasse Kaffee und ein Stück Kuchen. Wir kommen immer sehr gerne."
Nachdem einige Jahre gesammelt und sortiert wurde, trauten sich die ‚Kellerkinder’, wie sie sich manchmal schmunzelnd selbst bezeichnen, Anfang der achtziger Jahre auf dem Martinsmarkt Briefmarken zum Verkauf anzubieten. „Ich erinnere mich, wir haben damals 21,35 DM umgesetzt", so Stolle.
Das ist heute anders. Regelmäßig kommt eine große und treue Kundengruppe direkt in die Briefmarkengruppe, stöbert ausgiebig und kauft Einzelstücke, Pakete und Kiloware. „Echten Sammlern ist kein Weg zu weit, auch nicht zu uns in den Keller", weiß Stolle aus jahrelanger Erfahrung. Mittlerweile ist der Umsatz deutlich gestiegen, jedes Jahr kommt eine fünfstellige Eurosumme zustande. „Wir nutzen die Überschüsse, um den Bewohnern etwas zu gönnen", sagt Stolle. „Die Briefmarkengruppe hat beispielsweise die Ausstattung von Therapieräumen finanziert und unterstützt Freizeiten und Bewohnerurlaube. Wir haben auch schon geholfen, wenn ein Bewohner Schwierigkeiten hatte, die Selbstbeteiligung bei Arzneimitteln zu zahlen."
Wie viele Briefmarken in all den Jahren zusammengekommen sind, weiß übrigens niemand in der Briefmarkengruppe. Sicher ist, die Zahl hat lange die Millionengrenze überschritten. „Wir zählen die Briefmarken nicht, wir arbeiten mit ihnen", sagt Stolle schmunzelnd. Eine Sache muss sie abschließend aber noch ansprechen: „Wir brauchen immer Briefmarken. Daher mein Bitte: Wer Briefmarken hat oder eine kleine Sammlung und sie nicht mehr braucht – geben Sie sie gerne zu uns."
Kontakt: Briefmarkengruppe der Vorwerker Diakonie
„Senior-Ranke-Haus"
Triftstraße 139-143
23554 Lübeck
Telefon (dienstags): 0451/4002-240 oder (Juliana Stolle privat): 0451/601361
[Blockierte Grafik: http://www.hl-live.de/aktuell/bilder/baasch_2007_1.jpg]
Interessiert wühlt Wolfgang Baasch zusammen mit Lieselotte Kufalt in "freichen" Briefmarken. Fotos: Lutz Regenberg
ZitatQuelle / Artikel: