hier zeige ich einen unfrankierten Brief von Bresslau nach Paris
Schwarzer Stempel Breslau 14*7-8A)
Roter ?Kastenstempel
französischer Stempel
Rückseite Ankunftsstempel?!
Was sagt Ihr zu diesem Brief? interessant?
hier zeige ich einen unfrankierten Brief von Bresslau nach Paris
Schwarzer Stempel Breslau 14*7-8A)
Roter ?Kastenstempel
französischer Stempel
Rückseite Ankunftsstempel?!
Was sagt Ihr zu diesem Brief? interessant?
Hallo marroseu,
der Portobrief (so hießen gebührenpflichtige Briefe damals, für die der Absender nichts bezahlt hatte) von Breslau nach Paris wurde von der Aufgabepost nur mit dem Ortsstempel bedruckt.
Er lief über Valenciennes, ein bekanntes Kartenschlußpostamt Frankreichs zu Preußen. Als er in Paris ankam, wurde er gewogen und mit dem Zeichen "2" in der linken obere Ecke als Brief der 2. Gewichtsstufe erkannt. Hierfür waren 10 Decimes, also gleich 1 Franc, vom Empfänger zu erheben, für die man einen eigenen Stempel "10" hatte.
Da Breslau über 20 Meilen von der französischen Grenze entfernt liegt und lag, wurde gestempelt "P.R.3.R." für "Prusse 3ième Rayon", also Preußen 3. Entfernungsbezirk. Es gab auch nur 3 Entfernungsbezirke, also Rayons. Je näher ein Brief in Preußen von der französischen Grenze aus gesehen aufgegeben wurde, umso günstiger wurde er. Am günstigsten waren logischerweise Briefe aus dem 1. Rayon, dann aus dem 2. Rayon und dann einer wie der hier.
Der blaue Stempel, eigentlich ein Grenzübergangsstempel von Valenciennes, wurde aber nur mit den Nummern 1 und 2 (Tour und Retour der Bahnpost "Bureaux ambulants") in dem Stempel tatsächlich dort geführt, während der 5. Stempel, wie hier, in Paris lag und mit ihm die Briefe, welche über Valenciennes einlaufen waren, abgestempelt wurden.
Gruß von bayern klassisch, der sich mit Preußen aus verständlichen Gründen nicht so gut auskennt ...
ich finde den Laufweg der Briefe immer sehr interessant.
Ich habe zB eine Brief der für bordeaux bestimmt ist aber
von Rostock nach Hamburg (frankiert) ging und dann unfrankiert über den seeweg nach valencia kam und dann weiter nach bordeaux gelangte
ist doch spannend
der Brief wurde am 15. in Rostock aufgegeben und war am 16. in Hamburg und am 20 in valencia und am 22 in bordeaux
meines wissens waren die briefe damals aber am landweg in 4 tagen in bordeaux - wie kam es also, dass der brief so eine umständliche lange reise antrat?
ist doch spannend, oder?
Hallo,
ohne den Brief zu sehen, masse ich mir keine Meinung an.
Aus der Hüfte: Falsch in Hamburg weiterkartiert oder, wenn der Brief sehr klein und unscheinbar war, steckte er vlt. an einem größeren, der nach Spanien lief.
Eine reguläre Beförderung dürfte dies nicht darstellen. Aber dazu können, wenn Hamburg im Spiel ist, sicher solid611, baldersbrynd oder Nordlicht kompetentere Äußerungen machen, als ich es je könnte.
Sind dir die postgeschichtlichen Termini klar, die ich in der obigen Antwort benutzt habe?
Gruß von bayern klassisch
ja einigermaßen klar, ich habe mir das auch schon auf der Karte angesehen aber der Verlauf ist mir schon klar - leider bin ich wirklich noch sehr grün hinter den ohren und kann wirklich interessantes noch nicht von mäßig interessantem unterscheiden
vielleicht werde ich hier mal einen Querschnitt meiner Lieblingsbriefe und Belge posten
was macht eigentlich Postbelege interessant?
... nur für mich geantwortet: Die intellektuelle Herausforderung, ihn zu "knacken", die optische Attraktivität und, so Gott will, ein Inhalt aus einer anderen Zeit und manchmal auch aus einer anderen Welt.
Hallo marroseu,
einen schönen Brief mit einigen Besonderheiten zeigst du da.
Es scheint bisher nicht aufgefallen zu sein, der Brief ist in Paris falsch gestempelt und auch gleich noch falsch taxiert worden.
Aus Breslau kommend lief er über das preußische Eisenbahnpostamt Nr.10 auf der Strecke Köln - Verviers. Dort wurde er korrekt mit dem Vertragsstempel PR.3R. gestempelt.
In Paris erhielt er dann jedoch den Eingangsstempel "BELG. 5 VALENCIENNES 5", für Post aus Belgien!
Als Brief aus Preußen hätte er mit "PRUSSE 3 VALENCIENNES 3" gestempelt werden müssen.
Taxiert wurde er dann mit 10 Decimes auch als Doppelbrief aus dem 2. Belgischen Rayon (einen dritten gab es 1857 nicht) mit 2 x 5 Decimes. Aus dem 3. Preußischen Rayon hätte er einfach bereits 7 Decimes gekostet.
Wie gesagt sehr spannend.
Kannst du den Brief aus Rostock nach Bordeaux, den du beschrieben hast, mal zeigen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er über Valencia ging. Vielleicht auch über Valenciennes?
Viele Grüße
solid611
Hallo solid611
leider mit einer Woche Verspätung (ich war die ganze Woche im Aussendienst ) aber doch:
hier der Brief - ich glaube Du hast wirklich recht der Brief ist über Valenciennes gelaufen aber dies ist mir gar nicht aufgefallen
Deutsche Weinbestellungen in Bordeaux waren ja leider nicht gerade selten aber ich dachte zuerst, dass dies eine kleine Besoderheit sein könnte
bin gespannt was Du sagst, viele Grüße
Hallo marroseu,
wie vermutet lief der Brief nicht über Valencia sondern das französische Austauschamt Valenciennes. Der Französische Grenzstempel "Tour - T 2 Valenciennes 2" wurde in Paris für Post von Taxis verwendet. Der Laufweg war: von Rostock mit der mecklenburgischen Post nach Hamburg, dort Taxis übergeben und im direkten Kartenschluss Hamburg über Valenciennes nach Paris und von dort weiter nach Bordeaux.
Und er ist etwas Besonderes:
1. Auslandsbriefe aus Mecklenburg-Schwerin sind keine Massenware. Das gilt auch für Frankreich und an Schröder & Schüler. Hier in M-V wurde und wird von Ausnahmen abgesehen (wozu ich gehöre :)) Bier getrunken. War leider kein 1847-Bordeaux im Keller meiner Großeltern zu finden.
2. Der Leitweg über Hamburg und Taxis ist 1847 sehr selten, weil Preußen der Vertragspartner von Mecklenburg-Schwerin war.
3. Die französische Taxierung ist fehlerhaft.
Der Brief sollte nach dem Willen des Absenders bis Hamburg frankiert werden. In Hamburg wurde der Brief aber Taxis übergeben. Damit ergab sich das Problem, dass Frankreich 1847 von Taxis keine teilfrankierten Briefe aus dem taxisschen Postbezirk und den sgn. Nordstaaten (wozu Mecklenburg gehörte) mehr annahm. Der Freivermerk wurde also gestrichen und Mecklenburg erhielt 4 Hamburger Schillinge als Portoanteil von Taxis, die angeschrieben und gestrichen sind.
Frankreich hätte den Brief nun als Brief aus den Nordstaaten taxieren müssen. Dann hätte Taxis 4 Francs für 30 Gramm Briefgewicht erhalten und der einfache Brief wäre mit einem Auslandsanteil (ein Viertel) von 1 Franc = 10 Decimes taxiert worden. Frankreich hat den Brief aber so behandelt, als wenn er aus dem taxisschen Postgebiet – wozu Hamburg gehörte – kam. Dafür bekam Taxis 2 Francs für 30 Gramm Briefgewicht und es wurden 5 Decimes für den einfachen Brief berechnet. Dazu kam der französische Inlandsanteil von Valenciennes nach Bordeaux 10 Decimes, also insgesamt 5 + 10 = 15 Decimes Porto. Das der (glückliche) Empfänger zahlte und damit 5 Decimes gespart hat.
Wenn du deine Transitbriefe nach dem „Zufallsprinzip“ erwirbst, solltest du es mal mit Lottospielen versuchen.
Mit diesem und dem zuerst gezeigten kannst du eine Sammlung fehlerhaft behandelter Transitbriefe aufbauen. Glückwunsch!
Viele Grüße
solid611
Hallo Solid!
Vielen Dank mal für deine ausführliche Stellungnahme - ich werde heute Abend noch genau posten was ich zu sagen habe.
bis später dann - viele grüsse marros
zum unfrankierten Brief von Bresslau nach Paris
ich bin ein Hirsch - meine Frau hat mich auf etwas aufmerskam gemacht,
ist mir ziemlich peinlich aber ich bei diesem Brief vergessen einen Stempel zu zeigen
hier as fehlende Bild!
Sag mal Solid, wie lange hast Du gebraucht damit Du die Wege dieser Briefe nachvollziehen kannst? Ich habe heute Nachmittag mal versucht postgeschichtlich und anhand der Stempelungen die Wege selbst zu rekonstruieren aber bei den mehrfachen Stempelungen komme ich leider nie ans Ziel!
Aber - ich merke, dass das Lesen hier unglaublich bildet und ich in den wenigen Tagen schon viel gelernt habe....
Danke nochmals..
Hallo marroseu,
für den Laufweg der beiden Briefe brauch ich jetzt ein paar Minuten. Aber du meinst sicher die Zeit bis es so weit ist, auf den ersten oder zweiten Blick das Wesentliche zu erkennen. Das braucht natürlich seine Zeit und die richtigen Hilfsmittel.
Allein anhand der Stempel kann man bei Transitbriefen bereits einiges nachvollziehen und gute Literatur hilft dabei. Um die exakten Kartenschlüsse und vor allem die Tarife nachzuvollziehen muss man sich dann noch mit den Postverträgen beschäftigen.
Als Beispiel hier mal den Brief Rostock - Bordeaux:
Der Aufgabestempel ist "Rostock", also Mecklenburg-Schwerin. Da er in Hamburg vom taxisschen Postamt gestempelt ist, haben wir den Weg Rostock - Hamburg. Dazu muss man wissen, das M-Schwerin in Hamburg ein Postamt hatte und diese Postroute selbst bediente. Also lief er mit der mecklenburger Post nach Hamburg und wurde Taxis übergeben.
Taxis hatte mit Frankreich 1844 eine Vertrag geschlossen, der eine Kartenschluss von Hamburg nach Paris vorsah, mit dem alle Briefe ab Hamburg nach Paris und darüberhinaus (außer Elsaß und Südfrankreich) befördert wurden.
Frankreich benutze in dieser Zeit Grenzeingangsstempel, die uns fast alle Informationen liefern:
"TOUR - T 2 VALENCIENNES 2 (DATUM)"
Tour - T = Auslandsbrief von der taxisschen Post
Valenciennes = Grenzpostamt beim Eingang in Frankreich
Ziffer = Verwendungsort des Stempel
"2" = hier Paris (Die Ziffern müssen aber immer im Zusammenhang mit dem Grenzeingangsort betrachtet werden, "2" ist nicht immer Paris!)
Schließlich ist noch der Ankunftstempel von Bordeaux abgeschlagen. Also kann die genaue Laufzeit bestimmt werden.
Für die "Entschlüsselung" der Taxierung müßte ich ein Buch schreiben.
Viele Grüße
solid611