Allgemeines
Auf vielen Bahnhöfen in der Monarchie, später in den jeweiligen Nachfolgestaaten, waren Briefkästen aufgestellt. Lag das Ortspostamt in der Nähe des Bahnhofes oder am Bahnhof, wurden die Postsendungen aus diesen Briefkästen vom Ortspostamt bearbeitet und abgestempelt.
Lag das Ortspostamt aber vom Bahnhof so weit entfernt, dass ein großer Zeitverlust bei der Zustellung oder Weiterleitung der Postsendungen entstand, wurden diese auf dem Bahnhof selbst abgefertigt. Diese Briefkästen wurden von Postbeamten des jeweiligen zuständigen Ortspostamtes geleert, die die Postsendungen vom Ortspostamt zum Bahnhof brachten, um sie dort der Bahnpost zu übergeben.
Die Postsendungen durften der Bahnpost nicht ungestempelt übergeben werden !
Die auffällige Form der Stempel war zweifellos beabsichtigt, um solche Postsendungen hervorzuheben. Aus diesem Grund ist die Anzahl der Bahnhofbriefkastenstempel beschränkt, da nur eine gewisse Anzahl von Ortspostämtern diese Voraussetzungen erfüllten.
Entleerung des Bahnhofbriefkastens und die Bearbeitung dieser Postsendungen
Um die entsprechenden Postsendungen nach der Kartierung am Ortspostamt mit der Bahnpost zu verschicken, musste ein Postbeamter täglich, manchmal auch mehrmals zum Bahnhof, um die Postsäcke an die Bahnpost zu übergeben.
In diesem täglichen Ablauf entleerte er auch immer den Briefkasten am Bahnhof. Damit der Postbeamte den zeitlichen Ablauf einhalten konnte, musste er den Briefkasten schon einige Zeit vor eintreffen des Zuges oder der Züge entleeren.
Die Abfertigung größerer Postmengen erforderte Zeit. Die Postsendungen aus dem Bahnhofbriefkasten mussten ja nicht nur gestempelt, sondern auch kartiert und überprüft werden.
Die mit dem Bahnhofbriefkastenstempel entwerteten Postsendungen wurden mit den anderen Postsendungen vom Ortspostamt bei Eintreffen des Zuges der Bahnpost übergeben und die restlichen Sendungen, die einen anderen Beförderungsweg hatten, zum Ortspostamt weiterbefördert.
Postinterne Organisation am Bahnhof
In einigen größeren Bahnhöfen hatten die Beamten des jeweiligen Ortspostamtes einen eigenen Dienstraum mit den notwendigen Einrichtungen - Tisch, Schrank usw.. Dort wurde zumeist Stempel, Stempelkissen und weitere postinterne Behelfnisse, Formulare und Klebezettel für Express- und Rekosendungen aufbewahrt.
Waren solche Einrichtungen nicht vorhanden, wurde das Stempelgerät im Bahnhofbriefkasten deponiert oder vom Ortspostamt mitgebracht und nach getätigter Arbeit wieder mitgenommen.
Bei schlechter Witterung und bei ungenügendem Platzangebot sicherlich keine einfache Aufgabe ! Hier musste also behelfsmäßig gearbeitet werden, worauf auch teilweise die relativ vielen undeutlichen Stempelabschläge zurückzuführen sind.
Quelle: Der Bahnhofbriefkastenstempel, Handbuch und Spezialkatalog - Ing. Robert Lipp