Auslagen und Postvorschuss

@ fahrpostalbi
Zunächst einmal heiße ich Dich HERZLICH WILLKOMMEN in diesem Thread.

Vielen Dank für die Vorstellung Deines sehr interessanten Briefes, bei dem auch mir bis zum blauen Vermerk "125 5/10" alles so zu stimmen scheint wie von Dir beschrieben.

Für die "fehlenden" 6 Pfennig tippe auch ich auf einen Botenlohn für die hier erfolgte Auslieferung des Paketes, worauf der Stempel auf der Vorderseite hinweist.

Bei Fahrpostsendungen wurden üblicherweise nur die Begleitbriefe abgetragen. Der Empfänger mußte die Sendung selbst abholen und die Sendung erhielt auf der Rückseite den Ausgabestempel.

Der mit der Auslieferung verbundene Botenlohn verblieb dem die Sendung ausliefernden Postboten als Lohn für seine Arbeit und wurde deshalb nicht vorab in blau ausgeworfen, sondern erst bei Auslieferung vom Postboten mit kassiert.

@ Altsax
Na, das war ja ein ganz sauberer Formationsflug von uns beiden!

Heute zeige ich Euch einen Postvorschußbrief aus Lyck und stelle meine aktuelle Beschreibung wie folgt zur Diskussion:

"Faltbrief mit Absenderangabe "Ev.(angelische) Kirche Ostrokollen, 22. Februar 1858, der Pfarrer Monzka", aufgegeben laut K2 "LYCK / 25 2 * 7-8 A", adressiert "An den Schlossergesellen Schlegel beim Fabrikanten Beschke in Rasterburg."
Links unten handschriftlicher Vermerk "Gegen 6 Silbergroschen Postvorschuss" sowie in Blaustift vermerkt "6". Roter Stempel "Auslagen.".
Der Empfänger mußte dann "8 (Silbergroschen)" zahlen, das Porto betrug 1 Silbergroschen für einen Brief bis 10 Meilen sowie 1 Silbergroschen Procuragebühr."

PS:
Nach der Neuorganisation der Kreisgliederung im preußischen Staat nach dem Wiener Kongress entstand mit dem 1. Februar 1818 der Kreis Lyck im Regierungsbezirk Gumbinnen. Dieser umfasste die Kirchspiele Borszymmen,
Grabnik, Kallinowen, Klaussen, Lyck, Neu Jucha, Ostrokollen, Pissanitzen, Stradaunen. Das Landratsamt war in Lyck. Seit dem 3. Dezember 1829 gehörte der Kreis zur neuen Provinz Preußen mit dem Sitz in Königsberg i. Pr.

Einen Postvorschussbrief hab ich noch für heute

"Faltbrief, geschrieben am 24.Juni 1857 in Leba von Ferdinand Bohl, aufgegeben laut K2 "ZELASEN / 27 6 * 3-4" in Pommern, adressiert "Herrn Ferdinand Bohl Leba".
Links unten handschriftlicher Vermerk "Hierauf 5 Sgr Postvorschuß erhalten" sowie in blauer Farbe vermerkt "5 (Silbergroschen)". Roter Stempel "Auslagen.".
Der Empfänger mußte dann "8 (Silbergroschen)" zahlen, denn das Porto betrug 2 Silbergroschen entsprechend der Brieftaxe für einen Brief bis 10 Meilen von 1 Silbergroschen, die bei einem Gewicht von 1 - 2 Loth 2fach fällig wurde plus 1 Silbergroschen Procuragebühr."

Beim Text tue ich mich mal wieder schwer:

Wenn ich das richtig entziffere hatte Herr Bohl einige Unterlagen, unter anderem ein Führungsattest, nach Zelasen geschickt, um einen Taufschein für einen Herrn namens August Heinrich Bryschke zu erhalten.

Der Brief schließt:
"und ersuche, die Gebühren sich gütigst durch Postvorschuß entnehmen zu wollen. Hochachtungsvoll und ergebenst"

So ergibt sich ein Postvorschußbrief, der so aussieht, als sei er vom Absender geschrieben und an den Absender selbst geschickt worden.

@ fahrpostalbi
Der Absender hatte für T&T korrekt in "Sgr", also Silbergroschen, angesetzt.

Der Endbetrag lautet "4 Thaler 6 ngr 1 Pfennig", also für Sachsen korrekt "Neugroschen"!

Ein Thaler hatte in beiden Fällen 30 Groschen, "Silbergroschen" in T&T bzw. "Neugroschen" in Sachsen.

Ein Unterschied bestand darin, dass bei T&T jeder Silbergroschen aus 12 Pfennig bestand, während bei Sachsen jeder Neugroschen aus 10 Pfennig bestand.

Deshalb steht auf Deinem Brief auch "125 5/10"!!!

Für viele Posttarife wird bekanntlich die direkte Entfernung zweier Orte per "Luftlinie" als Basis genommen.

Diese läßt sich auf der Seite

sehr einfach bestimmen.

Ich habe als Beispiel die Koordinaten zu meinem zuletzt gezeigten Beleg eingegeben:

Zelasen: 54°43' N, 17°52' O
Leba: 54°46' N, 17°33' O

Nach kurzer Berechnung bekam ich als Luftlinie: 12,61 km.

Somit liegen wir auf jeden Fall im für Preußen hier relevanten Bereich von "bis 10 Meilen"!

Hallo Nigel,
Deine Antwort ist korrekt, aber zu ergänzen.

Ich habe zum Thema Längenmaße mal im Hörster recherchiert:

Bayern:
1 Meile = 2 Poststunden = 7.4149,5 m
2 Meilen = 1 "Post" = 14,8 km
1 (Post)stunde = 1/4 Poststation = 12.703 Fuß = 3,7 km
1 Fuß = 29,2 cm

Preußen:
1 Meile = 2.000 Ruthen = 7.5324,8 m

Österreich:
1 Meile = 4.000 Wiener Klafter = 7.585,94 m

DÖPV (Deutsch Österreichischer Post Verein) ab 1850:
1 Meile = 1 geographische Meile (1/15 des Äquatorgrades) = 7.420,439 m

ab 1868:
Vereinbarung nach der Definition der Einheit 1 Meter:
1 Meile = 7.500 m.

Heute stelle ich einen weiteren Brief aus Preußen zur Diskussion.

"Faltbrief, geschrieben am 2.Mai 1851 in Havelberg, aufgegeben laut K2 in "HAVELBERG 6/5", adressiert "An eine Wohllöbliche Direction der Berlin Hamburger Eisenbahn Gesellschaft zu Berlin".
Links unten handschriftlicher Vermerk "22 Sgr Avance" sowie in blauer Farbe vermerkt "22 (Silbergroschen)". Roter Stempel "Auslagen.".
Oben links ist als Gewicht vermerkt "1 5/10 Loth".
Der Empfänger mußte dann "28 (Silbergroschen)" zahlen, denn das Porto betrug 4 Silbergroschen entsprechend der Brieftaxe für einen Brief von 10 bis 20 Meilen von 2 Silbergroschen, die bei einem Gewicht von 1 - 2 Loth 2fach fällig wurde plus 2 Silbergroschen Procuragebühr, die in Preußen von 1842 bis zum 31.8.1852 bei über 15 Sgr Postvorschuss pro halbem Thaler 1 Sgr betrug."

Und hier eine der Neuerwerbungen Dank dieses Forums, die ich persönlich sehr interessant finde. Ich bin gespannt auf Eure Meinung dazu:

"Faltbrief, aufgegeben laut K2 in "STARGARDTiPOM 14 10 * 11 12", adressiert "An den Herrn Regierungs Präsendenten a.d. Graf von Flemming Hochgeboren zu Crossen bei Zeitz".
Links unten handschriftlicher Vermerk "(22 ½ Sgr) Zweiundzwanzig Silbergroschen Sechs Pfennige Postvorschuß“ sowie in blauer Tinte vermerkt "22 1/2 (Silbergroschen)". Roter Stempel "Auslagen.". Unten mittig „Nr. 237/10 60“ wohl als Vorgangsnummer „237“ aus dem Monat „10“ des Jahres 18“60“.
Auf der Rückseite wurde in schwarze Tinte zunächst eine „4“ vermerkt, diese dann durchgestrichen und eine „5“ danebengeschrieben.
Der Empfänger muß "27 1/2 (Silbergroschen)" zahlen. Das Porto betrug gemäß dem für die Fahrpost innerhalb Preußens geltenden Tarif vom 1.7.1852 bis 31.12.1867 für den Progressionssatz „5“ entsprechend der auf der Rückseite vermerkten Ziffer 3 Silbergroschen Briefporto (bei der zunächst vermerkten „4“ wären es nur 2 Sgr gewesen!) plus 2 Silbergroschen Procuragebühr, die innerhalb Preußens von 1842 bis zum 31.12.1860 bei über 15 Sgr Postvorschuss pro halbem Thaler 1 Sgr betrug."

Der Adressat dieses Briefes, Karl Graf von Flemming, geboren am 18.12.1783 in Crossen, gestorben am 18.02.1866 ebenda, war Rittergutsbesitzer (Schloss Crossen) und Beamter in sächsischen und preußischen Diensten. Im Jahr 1813 trat von Flemming in die Dienste des Königreichs Sachsen ein. Im Jahr 1817 ging er in preußische Dienste über und wurde zum Regierungsrat der Regierung Merseburg ernannt. Bereits ein Jahr später leitete von Flemming als Direktor eine Abteilung der Regierung in Koblenz. Im Jahr 1825 wurde er zum Nachfolger von Friedrich von Bernuth zum Regierungspräsidenten in Arnsberg ernannt. Dieses Amt behielt er bis 1831 ehe er in derselben Funktion nach Marienwerder versetzt wurde. Im Jahr 1844 erbat und erhielt von Flemming die Versetzung in den Ruhestand.

Der heutige Beleg ist eine echte Herausforderung, aber ich versuche mal, ihn zu deuten:

Faltbrief innerhalb des Norddeutschen Postbezirks mit Zweikreisstempel "ZWICKAU 4-5 N 1 NOV. 71.", adressiert "An das Gerichtsamt Stollberg". Als Sendungsart wurde oben links vermerkt "Portopfl.(ichtige) Diensts.(ache) mit 1 Paq(uet) gleicher Adresse". Rückseitiger Vermerk "mit 1 Actenstück".
Darunter wurde als Gewicht vermerkt "1 Pfund 5 Loth".
Darunter wurde vermerkt "1 Thaler 6 Groschen 5 Pfennig quittiert Englerte".
Klebezettel "aus Zwickau 366.", links "2583", unten "34".
Mit Blaustift wurde entsprechend des quittierten Betrages "pro 36 5/10 (Groschen)" vermerkt sowie unter einem Strich "3 (Groschen)".
Stempel "Auslagen." in violett.
Diese Taxierung wurde dann gestrichen und in blauer Tinte wurde vermerkt "39 5/10 (Groschen)", die vom Empfänger eingezogen wurden.
Rückseitig Einkreisstempel "I. AUSGABE 2 XI".
Vorderseitig K2 "Ausgeliefert 2 XI", der darauf hinweist, dass dieses Paket dem Empfänger zugestellt wurde.

Habt Ihr Korrekturen oder Ergänzungen dazu?

Heute ist mal wieder ein Brief aus Preussen dran:

Faltbrief mit Einkreisstempel "BONN 31 ? ? 12-1" adressiert "An den hochlöblichen Fürstlich Lippischen Justiz Canzler zu Detmold" mit handschriftlichem Vermerk "nebst einem Acten-Paquete signiert D.K. wofür Neunzehn Thaler drei und zwanzig S(ilber)groschen sechs Pfennige von dem wohllöblichen königlichen Preußischen Postamte Bonn entnommen wurden". Entsprechend der genannten Summe wurden "593 1/3 (Silbergroschen)" in blauer Tinte ausgeworfen. Nierenförmiger Hinweisstempel "Auslagen." in rot. Oben links wurde als Gewicht vermerkt "6 Pfund 9 Loth". Oben rechts ein Preußischer Aufgabezettel "998. aus Bonn.". Solche Aufgabezettel wurden ab 1.5.1849 mit fortlaufenden Nummern von 1 - 1000 geliefert. Diese Nummer wurde bei der Annahme des Pakets in das "Annahmebuch" und am Empfängerort uns "Lagerregister" eingetragen. Siegelseitig ist das Siegel leider nicht mehr vorhanden, aber ein Einkreisstempel "DETMOLD 1 ? 1 9-10" sowie handschriftliche Vermerke "BB" und "B 7".
Beim Empfänger wurden "611 3/4 (Silbergroschen)" eingezogen, wie in Blaustift vermerkt. Als Porto wurden somit 18 1/4 Silbergroschen fällig.

Wegen des Aufgabezettels stammt der Brief frühestens aus 1949.
Kann jemand helfen, diesen Beleg zeitlich genauer zu bestimmen?

Ich kann aktualisieren wie folgt:

Faltbrief mit Einkreisstempel "BONN 31 ? ? 12-1" adressiert "An den hochlöblichen Fürstlich Lippischen Justiz Canzler zu Detmold" mit handschriftlichem Vermerk "nebst einem Acten-Paquete signiert D.K. wofür Neunzehn Thaler drei und zwanzig S(ilber)groschen sechs Pfennige von dem wohllöblichen königlichen Preußischen Postamte Bonn entnommen wurden". Entsprechend der genannten Summe wurden "593 1/3 (Silbergroschen)" in blauer Tinte ausgeworfen. Nierenförmiger Hinweisstempel "Auslagen." in rot. Oben links wurde als Gewicht vermerkt "6 Pfund 9 Loth". Oben rechts ein Preußischer Aufgabezettel "998. aus Bonn.". Solche Aufgabezettel wurden ab 1.5.1849 mit fortlaufenden Nummern von 1 - 1000 geliefert. Diese Nummer wurde bei der Annahme des Pakets ins "Annahmebuch" und am Empfängerort ins "Lagerregister" eingetragen. Siegelseitig ist das Siegel leider nicht mehr vorhanden, aber ein Einkreisstempel "DETMOLD 1 ? 1 9-10" sowie handschriftliche Vermerke "BB" und "B 7".
Beim Empfänger wurden "611 3/4 (Silbergroschen)" eingezogen, wie in Blaustift vermerkt. Als Porto wurden somit 18 1/4 Silbergroschen fällig.
Die Procuragebühr betrug zu dieser Zeit pro Thaler 1/2 Silbergroschen, hier also aufgerundet 10 Silbergroschen.
Somit verbleiben für das reine Porto 8 1/4 Silbergroschen, was 33/4 Silbergroschen entspricht.

Könnte das umgerechnet worden sein aus 49/6 Silbergroschen entsprechend Progressionssatz 7 mal 1/6 Silbergroschen mal 7 Pfund???

Wegen des Aufgabezettels stammt der Brief frühestens aus 1849.
Kann jemand helfen, diesen Beleg zeitlich genauer zu bestimmen?

Steht unter den "611 3/4" ein Bruchstrich und darunter eine "1/2"???
Wenn ja: wofür???

Was fange ich mit dem Datum "20.12.?" in blauer Tinte an???