Russland unter die philatelistische Lupe genommen / 5.4 Die Bogensignaturen der russischen Dauerserie Mi.Nr. 63 - 76
Bevor ich auf die Merkmale der Marken im Lichtdruck eingehe,ist das Thema der Bogen-Signaturen dieser Dauerserie anzusprechen. Obwohl sich die Signaturen grosser Aufmerksamkeit bei den Russland-Sammlern erfreut, haben die philatelistischen Autoren es nicht fertig gebracht dieses im Michel Rußland-Spezial 2012 anzusprechen. Immerhin hat E.Fomin in"Briefmarken Russlands 1908-1923", Katalog-Handbuch,den Versuch unternommen die bekannten Signaturen tabellarisch auf mehreren Seiten darzustellen. Da diese unvollstän- dig sein musste, folgte die Ergänzung von russischen Sammlern in Коллекционер Nr. 44 / 2008, Seite 31-36. Während Fomin die Maschinenbezogenen/Abteilungsbezogene Daten gesondert zu den Platten-Nummern aufführt, erweiterten die russischen Sammler ihre Untersuchun-gen unter Einbezug der Platten-Nummern zu den Maschinenbezogenen Signaturen und kamen damit der "Wahrheit" derart gefährlich nahe, dass sie die Platten-Nr. als Matrizen-Typ bezeichneten. Darüber-hinaus zogen sie die auf den Bögen ab und zu verhan-denen Farb-Kontrollstreifen in ihre Untersuchung ein. Letztere haben aber mit dem Sinn der Bogensigna-turen nichts zu tun. Sowohl bei Fomin und den Russen, sowie in der gesamten philatelistischen Literatur, fehlt eine verständliche Erklärung über den Zweck/Sinn dieser Signaturen und wenn, dann sind sie unrichtig. Die Ursache hierzu liegt, wie so oft, in der praxisbe-
zogenen Briefmarkenherstellung des 19.Jahr-hunderts, welche uns heute scheinbar verborgen ist bzw. in Vergessenheit geraten ist. Es ist gar nicht so schwer auf die Spuren der Jünger der schwarzen Kunst des 19.Jahrhunderts zu kommen, da die damalige Verfah-renstechnik sich in allen Ländern ähnelte und damit Russland keine Ausnahme machte.Beginnend mit dem Kern des Buchdrucks, einem Hochdruckverfahren, die Herstellung des Klischees. Diese wurden in den grös- seren Druckereien in gesonderten chemotechnischen Abteilungen mittels mehrstufiger Ätzung nach photo-raphischer Vorlage des Briefmarkenentwurfes herge-
stellt. Man lernte schnell, Anleitungen oder Hand-
bücher gab es noch nicht, das man mit einer bestimm-ten Art der Ätzungen die Qualität des späteren Druc-kes verbessern konnte. Bezogen auf denBriefmarken-Entwurf (Strichzeichnung) erlernte man durch die Verfeinerung der Ätzverfahren die Verbesserung des Druckbildes. Der Druck selbst, sogenannter direkte Druck, wurde über Tiegelpressen ausgeführt. Schluss- endlich folgerte man daraus,dass Ausarbeitung einer Strichzeichnung in ihrem Klischee und die Ausführung des Druckes auf einer Tiegeldruckpresse die bestmög- liche Qualität brachte. Um zu dieser Feststellung zu kommen und den darauf folgenden Auflagendruck
vorzubereiten, bediente man sich eines einfachen Verfahren: Während der Klischee-Ätzung zog man mehrfach Abzüge mit den drei Grundfarben (Primär-farben) und deren Komponenten ( Sekundärfarben, Tertiärfarben) auf das für den Hochdruck am besten geeignete Druckpapier (Briefmarken-Papier). Fand damit die am besten geeignete Farbmischung für den spä-
teren Auflagendruck. Dieses Ergebnis wurde in Form eines Skalendruckes nach Fertigstellung des Klischees an die Drucker gegeben. Dieser Skalendruck enthielt den Ausweis auf welcher Druckpresse und dokumentierter Farbmischung weiterzu arbeiten sei. Dies bedeutet, dass die Druckerei von der chemotech- nischen Abteilung mit dem Klischee ( dupliziert als
Druckstock) eine fertige Druck-Anweisung erhielt. Dazu muss erklärt werden,dass die Aufbereitung der Farb-Mischung ( Anreibung) unmittelbar an der Tiegeldruck-presse über Farbwerke vorgenommen wurde. Bestand der Briefmarken-Druck aus mehreren Druck-Durch-gängen (z.B. Rahmendruck und einfarbiger Untergrund = 2 Durchgänge) waren diese nummeriert.
Hier finden wir die sogenannten Platten-Nummern wieder. Die bei Fomin gezeigten Verschiedenartig- keiten der Platten-Nummern sind so zu erklären: Anhand des Skalendruckes wird die Zurichtung der Druckpresse vorgenommen und der Andruck zum Auf-lagendruck verglichen bzw. die ersten Anpassungen vorgenommen. Allerdings ist kein Auflagendruck ohne Zwischenstopp denkbar wie Verschleiss der Druckpro-file (Klischee-Ersatz),Wartungsarbeiten an der Presse, Befüllung und Reinigung der Farbwerke, fehlende Vorhaltung von Druckmaterialien etc. In jedem einzel-nen "Zwischenstopp"müssen Probeandrucke gefahren
drucke gefahren,mit den Skalendruck verglichen und Anpassungen neu dokumentiert werden. So ist es verständlich, dass Bogen-Signaturen beispielsweise aus dem Anfang, aus der Mitte und aus der Beendi-gung des Auflagendruckes existieren. Diese Arbeits-weise wurde auch durchgehalten wenn die Druck- presse oder das Druckverfahren ( z.B. vom direk-ten Buchdruck zum direkten Lichtdruck) gewechselt wurde. Ich hoffe einen kleinen Einblick in die Ent-stehung der russischen Dauermarkenserien und ihren Signaturen gegeben zu haben.