die hauptsächlichsten Regeln beim Reisen und bei Versendungen mit der Post.
erschienen Leipzig 1803
Einleitung
Das Postwesen ist gegenwärtig eine so ausgebreitete und weitgreiffende Anstalt, welche überall ohne Zweifel die bequemste und wohlfeilste Gelegenheit, etwas zu versenden und Reisen anzustellen, darbietet, daß nicht leicht ein Mensch, der mit anderen Menschen in Verbindung steht, desselben entbehren kann, oder sich eines anderen Mittels zu dieser Absicht bedienen wird. Es ist unstreitig eine der nützlichsten Erfindungen und wohlthätigsten Einrichtungen. Die Post verschaft nicht nur dem Handel- und Gewerbetreibenden Publiko täglich Vortheile und giebt vielen tausend Menschen Unterhalt; sondern sie dienet auch höheren Zwecken für die ganze Menschheit. Das Postwesen ist, seit seiner Einrichtung, ein vorzügliches Mittel gewesen, unsre jetzige Kultur befördern, Wissenschaften und Aufklärung ausbreiten zu helfen, indem es täglich den Gelehrten diente, Entdeckungen mitzutheilen und dem Genius der Humanität den Sieg vorzubereiten.
Dennoch wird diese Anstalt von einem großen Theile des Publikums, selbst von solchen Leuten, denen sie täglich Nutzen verschaft, nicht gehörig geschätzt und geachtet. Wenigstens giebt man sich nicht überall Mühe genug, die Einrichtungen, welche im Allgemeinen und in den verschiedenen Ländern besonders, bei dem Postwesen gemacht sind, und wodurch dessen Betrieb und Bestand erhalten wird, kennen zu lernen und zu beobachten. Dagegen hört man fast täglich Klagen und Beschwerden über das Postwesen und über Postbediente; daher entstehen so viele Verdrüßlichkeiten, Zänkereien und Streitigkeiten zwischen Postoffizianten und den Reisenden und denen, welche mit der Post etwas versenden, oder empfangen. Aus Unkunde des Postmechanismus entsteht nicht selten Verduß und Verlust.
Ich glaube daherein nicht unnützliches Geschäft zu übernehmen, wenn ich mich bemühe, hier einige Regeln und Nachrichten mitzutheilen, welche man befolgen muß, um Verdruß und Verlust bei der Post zu vermeiden.
Diese Regeln sollen und können jedoch nur allgemein seyn, und ich kann dabei natürlich nicht auf die eigenthümlichen Posteinrichtungen irgend eines Staates, oder eines Orts, besonders Rücksicht nehmen. Da jedoch die Einrichtungen bei dem Postwesen, so wie es gegenwärtig in Europa beschaffen ist, im Wesentlichen große Ähnlichkeit haben; wo Posten sind und wo man sich der selben bedienen will, aushelfen können.
Für Leute, welche von Natur nicht zu Zänkereien geneigt sind und die sich alles, was man von ihnen fordert, gefallen lassen und ohne Widerrede thun und geben, was man verlangt, oder welche die Gabe besitzen, sich mit anderen über vorkommende Zweifel und Mißverständnisse auf eine leichte Art zu vereinigen, bedarf es dieser Regeln größtentheils nicht. Allein solcher Menschen giebt es nicht viel und man kann es nicht fordern, daß alle, welche mit der Post reisen, oder etwas versenden und empfangen, bei vorkommenden Zweifeln, sich, ohne Aufklärung deshalben zu erhalten, beruhigen sollen, zumal man zugeben muß, daß sowohl von Seiten der Postofficianten, als von Seiten der Reidenden und Versender, Irrthümer veranlaßt und begangen werden können.
Jedoch muß ich gleich vorläufig, als eine Hauptregel festsetzen, daß man sich, wie schon Moral und Lebensklugheit heischen, überall bemühen müsse, scheinbare Unbilligkeiten zu ertragen und sich zu beruhigen, wenn man angenehm leben, mithin auch friedlicher und schiedlicher mit der Post Verkehr haben will. Denn jede anscheinende Unbilligkeit sogleich auf der Stelle rächen und ausfechten zu wollen und über jeden, in diesem Fache uns aufstoßende Zweifel augenblicklich von dem Postbedienten genugthuende Aufklärung zu verlangen, führt gewöhnlich zu noch größern Unannehmlichkeiten und Verdrießlichkeiten.
Statt dessen ist es besser und zweckmäßiger, in allen solchen Fällen, wo man sich bei der Post beleidigt, oder bevortheilt glaubt, sich nicht mit dem Officianten in mündliche Discussionen einzulassen, wenn man nehmlich das Recht nicht offenbar auf der Seite hat und der Irrthum klar am Tage liegt, sondern unsre Beschwerden schriftlich aufzusetzen und sie entweder dem Postdirectorio des Landes oder der Regierung selbst zu übergeben. Von diesen Behörden wird sicherlich Aufklärung des Vorfalls und Genugthuung erfolgen und mehr kann man mit Billigkeit nicht verlangen. Es schadet nichts, wenn eine solche Erklärung, oder Genugthung, nicht augenblicklich auf der Stelle gegeben wird, sondern erst mit der Zeit erfolgt. Man hat denn doch dadurch schon soviel erlangt, daß man Verdruß und Ärger vermieden hat, welches für die Gesundheit und Zfriedenheit kein geringer Gewinn ist. Die Oberpostämter und Landesregierungen sind denn doch verbunden, die angebrachten Beschwerden gehörig zu untersuchen und zu entscheiden, welches auch von denselben sicher mit größerm Nachdruck und Erfolge geschieht, als von einem Individuo durch Zank mit dem Postbedienten. Falls aber auch auf diesem Wege auszurichten wäre (wie leider bisweilen der Fall seyn kann) so bleibt freilich nichts übrig, wenn man nicht weiter oberrichterliche Hülfe suchen will, als vorläufig die Beschwerden dem Publikum selbst zur Beurtheilung und Nachachtung vorzulegen.
Überhaupt muß man jedoch in allen Fällen, wo wir Beschwerden gegen die Post zu haben gleuben, bedenken, daß der Postofficiant nach Vorschrift und Instruction handeln muß und daß er es nicht leicht wagen werde, gegen Vorschrift und Instruction zu verfahren und dadurch Brodt und Ehre aufs Spiel zu setzen.
Handelt er nach seiner Instruction; so fällt unsre Beschwerde gegen ihn von selbst weg und wir müssen es uns schon gefallen lassen, uns nach den Einrichtungen zu bequemen, welchen an diesem Orte in Absicht des Postwesens gemacht sind, wenn wir nicht gegen diese selbst zu Felde ziehen können. Handelt er aber pflichtwidrig; so ist es desto besser, unsre Beschwerden vor seine Obern zu bringen, als sich mit ihm in Zänkereien einzulassen. Es ist über dieß bekannt, daß in den meisten Ländern die Gesetze in dieser Hinsicht ziemlich bestimmt sind und daß nicht leicht eine Regierung mit ihren Bedienten durch die Finger sehen, sondern dem Reisenden und Correspondenten volle Gerechtigkeit widerfahren lassen werde. In manchen Ländern wird der herrschaftliche Bediente, der mit Fremden in Collision geräth, nur zu strenge behandelt und der Fremde oft zu sehr begünstigt.
Ich will nun erstlich Regeln vortragen, welche man beim Reisen mit der Post beobachten muß, und alsdann zweitens Anweisungen, welche bei Versendung und beim Empfange von Sachen mit der Post anwendbar sind.